Die Umsonst-Kita, die erst noch kommen muss

Rheinland-Pfalz setzt sich an die Spitze der Gratis-Kindergärtner – bis 2010. Träger wissen noch nichts von ihrem Glück

BERLIN taz ■ Jeder will der Erste sein. Die Ministerpräsidenten haben das Thema Gratiskindergarten für sich entdeckt. Peter Müller aus dem Saarland hat ein Jahr beitragsfrei gestellt, in Berlin überschlagen sich die Bürgermeisterkandidaten mit Sonderangeboten – im Wahlkampf. Nun prescht Rheinland-Pfalz mit dem Umsonst-und-sorglos-Paket für die Zwei- bis Vierjährigen vor. Bis 2010 soll jedes Kind umsonst in die Kita kommen. Das hat Landesvater Kurt Beck (SPD), wie berichtet, sein Kabinett beschließen lassen. Allerdings: Mit den Kita-Trägern, den Kommunen, hat noch niemand gesprochen.

„Ich hab davon in der Zeitung gelesen, dass jetzt alle Kindergärten beitragsfrei werden sollen“, sagt der Geschäftsführer des rheinland-pfälzischen Städtetages, Gunnar Schwarting. Das überrascht. Denn ohne die Kommunen lässt sich das komplizierte Finanzgeschäft zwischen Kindergärten, Trägern und Staat nicht abwickeln. Schwarting ist für die Umsonst-Kita. Aber wie alle Kommunalvertreter ist der Pfälzer Verbandschef der Städte auch skeptisch, wenn der Staat auf seine Kosten etwas anbietet. „Das ist erst mal ein Vorschlag des Ministerrats“, sagt Schwarting. Und sein Kollege Reimer Steenbock, Direktor des Gemeinde- und Städtebundes, sagt: „Wir machen die Kindergärten umsonst – wenn das Land das Geld dafür hat. Wer bestellt, zahlt.“

Das will das Land tun. Ministerpräsident Beck wird sich als SPD-Bundesvorsitzender den selbstgestellten Anspruch, das kinderfreundlichste Bundesland zu regieren, nicht nehmen lassen. In drei Schritten ab 2008 soll die Kita auch für 4-, 3- und 2-Jährige gratis sein. Das kostet das Land bis zum Jahr 2010 rund 58 Millionen Euro zusätzlich. Das letzte Kita-Jahr vor der Schule ist seit Januar umsonst zu haben. Zudem will Mainz im Jahr 2010 den Kita-Rechtsanspruch für 2-Jährige ins Gesetz schreiben.

Kann man einem so weit gespannten Projekt vertrauen? Versprechen in Sachen Kita werden seit Jahren von allerlei Bundes- und Landesministern gebrochen. Das Nachbarland Hessen etwa führte ein beitragsfreies letztes Kindergartenjahr ein – und nahm das Geld dafür frech aus dem Finanzausgleich der Kommunen. So weit soll es in Rheinland-Pfalz nicht kommen, verspricht Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD). „Wir werden das in enger Kooperation mit den Gemeinden und den Trägern verabreden“, sagte Ahnen gestern der taz.

„Wir wissen noch nicht, wie das neue Programm abgewickelt wird“, sagte Franziska Larrá von der Caritas im Bistum Trier, die allein 340 Kindergärten betreibt. „Aber wir sind bis jetzt gut gefahren.“ Ob es so bleibt, wird man im Oktober sehen. Dann wird der „Kita frei“-Beschluss in parlamentarischer Anhörung getestet. CHRISTIAN FÜLLER