Grüne im Saarland fast gescheitert

JAMAIKA Bei der Schulreform versagt die Regierung. Verlierer ist Bildungsminister Kessler (Grüne)

SAARBRÜCKEN taz | Die Zahl Fünf kann Klaus Kessler, grüner Bildungsminister im Saarland und Ex-Landeschef, nicht mehr sehen. Der Jamaika-Mann steht nämlich aktuell vor den Trümmern der grünen Reformpolitik. Nicht nur die fünfjährige Grundschule gilt als nicht durchsetzbar. Auch alle anderen Vorhaben der Koalition stehen inzwischen zur Disposition.

Die Grünen trieben die Schulreformen ursprünglich voran. Im vergangenen Jahr einigten sie sich mit den Koalitionspartnern CDU und FDP darauf, die Grundschule um ein Jahr zu verlängern und die Kinder danach auf nur noch zwei weiterführende Schulen zu verteilen. Beim Versuch, das 5. Grundschuljahr einzuführen, scheiterte Kessler daran, dass die Oppositionsparteien SPD und Linke zu Monatsbeginn ankündigten, nicht für die nötige Änderung der Landesverfassung stimmen zu wollen. Auch Schüler, Eltern und Lehrer formierten sich zu einer Ablehnungsfront. Denn das fünfte Grundschuljahr ist nicht kompatibel mit den Regelungen in allen anderen Bundesländern. Es richte deshalb „mehr Schaden als Nutzen an“, sagte Oppositionsführer Heiko Maas (SPD). Und Kessler musste frustriert konstatieren, „dass es keine gesellschaftliche Mehrheit für das Projekt gibt“.

Und was wird aus der avisierten Gemeinschaftsschule als zweite „Säule“ neben dem Gymnasium? Auch dafür muss die Landesverfassung mit den Stimmen der Opposition geändert werden. Die SPD stellt allerdings Bedingungen, die gerade für CDU und FDP nicht annehmbar sind. Gerade bei der CDU sind die Gemeinschaftsschulen verhasst. Und nun fordert die SPD, dass zukünftige Gemeinschaftsschulen gar gleichwertig neben dem Gymnasium stehen, damit die Gemeinschaftsschule nicht zur „Restschule“ verkomme.

Sozialverbände und Opposition kritisieren Jamaika zudem dafür, dass das dritte Kindergartenjahr künftig nicht mehr kostenlos sein soll. Diese Sparmaßnahme gefährde ein weiteres Prestigeprojekt der Landesregierung, das „Kooperationsjahr“, glaubt SPD-Chef Maas zu wissen. Das dritte Kindergartenjahr sei nämlich als verpflichtendes Verbindungselement zwischen Kindergarten und Grundschule konzipiert worden. Wegen der Abschaffung der Kostenfreiheit könnten jetzt aber nicht mehr alle Kinder auf den Besuch dieses Schulvorbereitungsjahres verpflichtet werden können.

Die Zahl Fünf sorgt jetzt schon wieder für Ärger beim Minister. Ausgerechnet die Industrie- und Handelskammer (IHK) konfrontiert Jamaika mit dem Vorschlag, das Einschulungsalter auf fünf Jahre vorzuziehen. Das käme dann der Einführung des 5. Grundschuljahres durch die Hintertür gleich. Die Linke echauffierte sich umgehend und warnte vor einer „Bildungspolitik auf Zuruf von Wirtschaftsverbänden“. Und auch Kessler winkt genervt ab. Die Grünen stehen schon jetzt als Blamierte da.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT