GERHARD DILGER ÜBER DEN NEUEN SCHLAG GEGEN DIE FARC
: Und der Krieg bleibt

Die Bombardierung des Guerillacamps in Kolumbien, bei der der prominente Farc-Kommandant Jorge Briceño umkam, ist der bislang wichtigste Erfolg für Präsident Juan Manuel Santos. Zugleich macht die Aktion baldige Verhandlungen zwischen Regierung und Aufständischen extrem unwahrscheinlich. Der Frieden ist damit wieder in weite Ferne gerückt.

Dabei schien sich in den letzten zwei Monaten eine kleine Chance zur Annäherung zwischen den Kriegsparteien aufgetan zu haben, wie sie Kolumbien seit Februar 2002 nicht mehr erlebt hatte. Farc-Chef Alfonso Cano, im Gegensatz zu dem jetzt getöteten Briceño ein eminent politischer Kopf, wandte sich Ende Juli per Videobotschaft an Santos. Darin forderte den Wahlsieger zu Gesprächen auf, um eine Lösung des jahrzehntelangen bewaffneten Konflikts zu versuchen.

Was unter dem Überzeugungstäter Álvaro Uribe (2002–2010) undenkbar war, schien unter dem Pragmatiker Santos durchaus möglich. In seiner Antrittsrede am 7. August kündigte er zwar die Fortsetzung des Krieges an, doch zugleich forderte er von den Rebellen konkrete Friedensgesten wie die Freilassung aller Entführten.

Auch Venezuelas Präsident Hugo Chávez appelliert immer wieder an die Farc, den anachronistischen bewaffneten Kampf endlich einzustellen. Doch die lieferten sich weiterhin erbitterte Gefechte mit Armee und Polizei. Und die Streitkräfte verstärkten den Druck auf Canos Hauptquartier.

So haben sich wieder einmal auf beiden Seiten die Falken durchgesetzt. Weder Santos noch der eingekesselte Cano hat das Zeitfenster seit Ende Juli nutzen können – oder wollen. Kolumbiens Regierung darf sich mit einem Propagandaerfolg brüsten, der ihre Position in Washington, Brüssel und Berlin stärken wird. Doch das Ende des Mehrfrontenkrieges ist nicht militärisch, sondern nur mit Verhandlungen zu erreichen.

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