Was darf die deutsche Marine vor Libanon?

Bundesaußenminister Steinmeier verhandelt mit Libanons Regierung über Details der Einsatzes deutscher Truppen. Beirut verlangt, dass sie nur kontrollieren dürfen, wenn die libanesische Armee sie auffordert. Deutsche Grenzbeamte bereits vor Ort

VON GEORG BALTISSEN

Nach dem Ende der israelischen Luft- und Seeblockade am Donnerstagnachmittag haben französische Marineeinheiten die Überwachung der libanesischen Küste übernommen. Dies geschehe auf Bitten der Vereinten Nationen, wie Frankreichs Außenminister Philippe Douste-Blazy gestern bestätigte. Es werde sich um eine Übergangsphase von rund drei Wochen handeln, bis die vorgesehenen Marinekontingente der UN-Friedenstruppe eingetroffen seien.

Danach soll die Federführung der Küstensicherung an deutsche Marineeinheiten übergehen. Eine entsprechende Anfrage hatte die libanesische Regierung am Mittwoch offiziell an die UNO übermittelt. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier traf gestern in Beirut ein, um den Einsatz mit der libanesischen Regierung abzusprechen. Mit ihm reisten vier von zehn deutschen Grenzschutzexperten, die am Flughafen von Beirut eingesetzt werden sollen.

Bislang sehen die Einsatzregeln vor, dass kontrollierende Truppen Schiffe auch gegen den Willen des Kapitäns betreten dürfen, wie der Staatsminister im Auswärtigen Amt Gernot Erler gestern im Bundestagsausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe erläuterte. Die Regierung in Beirut hatte dagegen erklärt, dass die Deutschen Boote nur dann durchsuchen dürften, wenn die libanesische Armee sie dazu auffordere.

Strittig ist zudem die mutmaßliche libanesische Bedingung, nach der die Bundesmarine ihre Kontrollen sechs bis sieben Seemeilen vor der Küste, aber noch innerhalb der libanesischen Hoheitsgewässer vornehmen solle. Militärexperten hatten die Befürchtung geäußert, dass die Kontrolle nur effektiv sein könne, wenn auch küstennahe Gewässer einbezogen würden. SPD-Fraktionschef Peter Struck erklärte gestern in einem Radiointerview, dass auch in großem Abstand zur Küste der Waffenschmuggel unterbunden werden könne. Er verwies auf Erfahrungen des Einsatzes am Horn von Afrika. Man habe entsprechende Aufklärungsmöglichkeiten.

Vor dem Einsatz der Marineeinheiten müssen Bundeskabinett und Bundestag der Entsendung zustimmen. Nach Angaben eines Regierungssprechers wird sich das Kabinett erst in der kommenden Woche mit der Anfrage beschäftigen. Die Zustimmung gilt als sicher. Gegen Ende der Woche wird dann der Bundestag entscheiden. Nach Angaben von Struck wird eine breite Mehrheit für den Libanoneinsatz stimmen. FDP und Linkspartei lehnen einen deutschen Militäreinsatz im Nahen Osten generell ab. Bei den Grünen werden einzelne Gegenstimmen erwartet.

Israel behielt sich gestern das Recht vor, Konvois mit Waffen, die die syrisch-libanesische Grenze überqueren, anzugreifen. Ein Regierungssprecher begründete dies mit dem „Recht auf Selbstverteidigung“. Syrien hatte UN-Generalsekretär Annan zugesichert, das Waffenembargo gegen die Hisbollah zu respektieren, die Stationierung von UN-Truppen an der Grenze aber abgelehnt. (mit afp/dpa/rtr)