Späte Dringlichkeit

GESUNDHEIT Grüne und SPD wollen sich nun für die asbestgeschädigten Werftarbeiter einsetzen

Die Grünen in der Bürgerschaft wollen gemeinsam mit der SPD-Fraktion die Situation der mehr als 5.000 Asbest-Geschädigten im Land Bremen verbessern. Einen entsprechenden „Dringlichkeitsantrag“ reichten sie gestern im Parlament ein.

Er fordert den eigenen Senat auf, sich „kurzfristig“ für die Einrichtung einer Beratungsstelle einzusetzen, die Betroffene – vor allem ehemalige Werftarbeiter – berät, die in langwierigen Verfahren versuchen, Asbestose oder Krebs als Berufskrankheit anerkannt zu bekommen. Eine solche Beratungsstelle gibt es schon lange: Sie wird vom ehemaligen Betriebsrat der Vulkan-Werft, Rolf Spalek, betrieben – ehrenamtlich. Öffentliches Geld für seine Arbeit bekam der 65-Jährige zuletzt 2005. Zur Finanzierung der Beratung sollen Sozialversicherungen, Gewerkschaften, Arbeitnehmerkammer sowie Kirchen gewonnen werden.

Ferner wird der Senat von den Regierungsfraktionen aufgefordert, im Bundesrat auf eine Reform des Sozialrechts „zu drängen“. Sie soll Beweislast zugunsten der Betroffenen umkehren. Wer lungenkrank ist und als berufskrank anerkannt werden will, muss nachweisen, dass das Asbest am Arbeitsplatz schuld daran war. Das fällt in vielen Fällen schwer, weil zahlreiche wichtige Unterlagen gemeinsam mit der Vulkan oder der AG Weser untergegangen sind. Zudem fehlt es oft an neutralen Gutachtern (taz berichtete). Grüne und SPD im Landtag wollen deshalb ein unabhängiges Forschungsinstitut erricht wissen.

Asbest macht oft erst nach Jahrzehnten krank. Fachleute erwarten, dass die Zahl der Asbest-Opfer noch bis 2017 weiter ansteigt. In Bremen bekommen derzeit nur 2.600 Menschen – etwa die Hälfte der Betroffenen – als Berufskranke eine Entschädigung. In 1.600 Fällen wurden Krankheiten trotz Asbestbelastung am Arbeitsplatz nicht als Berufskrankheit anerkannt. mnz