„Weniger Beachtung“

GLEICHSTELLUNG Der Bremer Frauenausschuss diskutiert über Feminismus in Zeiten des Web 2.0

■ ist Kulturwissenschaftlerin und Gastprofessorin an der Universität der Künste in Berlin.

taz: Frau Pritsch, wie hat sich der Feminismus durch die neuen Medien verändert?

Sylvia Pritsch: In den letzten zehn Jahren hat sich eine Menge in der feministischen Gegenöffentlichkeit getan. Eine Reihe von politischen Frauennetzwerken hat sich gebildet und eine jüngere Generation von Feministinnen betreibt Blogs, Wikis und ist in sozialen Netzwerken aktiv. Studien zeigen, dass Frauen die neuen Medien genauso stark nutzen wie Männer – vielleicht sogar noch stärker.

Sind Frauen online also gleichberechtigt?

Nein, denn sie finden weit weniger Beachtung. Frauen werden seltener verlinkt und sind auch in den Blogcharts erst auf den hinteren Plätzen zu finden.

Woran liegt das?

Studien sagen, dass politische Themen erfolgreicher sind als andere. Und Frauenseiten im Netz haben es da schwerer, ihre Themen als politische durchzusetzen. Es wird von vornherein davon ausgegangen: Das ist ein „Muttiblog“ und da geht es nur um Windeln.

Computer und Internet gelten ohnehin immer noch als Männerdomäne.

Genau gegen diese Vorstellung richtet sich die neue Bewegung. Es wird versucht zu zeigen, dass die Verbindung Mann und Technik nicht natürlich ist, sondern eine sozialhistorische Entwicklung. Man unterstellt, dass es in der männlichen Natur liege, sich mit Technik zu beschäftigen, und in der weiblichen, sich um Beziehungen zu kümmern. Untersuchungen zeigen aber, dass das Zuschreibungen sind, die sich immer wandeln und hinterfragt werden müssen.

Wie wirken sich die neuen Möglichkeiten auf die diskutierten Inhalte aus?

Ich denke, dass das Spektrum der Themen breiter wird. Das sieht man zum Beispiel an Blogs wie der „Mädchenmannschaft“, dem „Genderblog“ oder dem „Mädchenblog“. Die zeigen: Es gibt noch genügend Ungerechtigkeiten im aktuellen Geschlechterverhältnis. Aber auch vielfältige Wege, damit umzugehen!INTERVIEW: HEH

Theaterschiff, 19.30 Uhr