„Eine reine Verarsche“

Zusammen sind sie 131 Jahre alt. Aber gegen Atomkraft waren sie noch nie auf der Straße. Jürgen und Karla Hantigk, er 65, sie 66 Jahre alt, gehen Arm in Arm den Bürgersteig entlang. Da drüben bekleben gerade Demonstranten die Bundeszentrale der FDP mit Antiatomkraft-Aufklebern. Die beiden lachen. Die Brandenburger aus dem Örtchen Zühlsdorf sind empört: „In unserer ganzen Familie sind wir gleicher Meinung: Das, was die da oben mit uns machen wollen, geht so nicht.“ Sie sind neu hier, im Antiatomkraft-Spektrum. „Wenn es so weit kommt wie jetzt, dann kann man ja nicht mehr zu Hause bleiben.“

Karla Hantigk regt sich auf: „Das ist doch eine reine Verarsche. Das passt genau in die gleiche Taktik, die Angela Merkel mit dem Irakkrieg auch fahren wollte: Sie will die Öffentlichkeit ganz einfach für dumm verkaufen. Es geht denen doch vor allem ums Geld.“

Dass man hinter den Atomkonsens zurückfällt, das könne kaum noch jemand nachvollziehen, sagt die pensionierte Lehrerin. „Nein, das machen wir nicht mit.“

Sie schlendern die Friedrichstraße entlang, vorbei an der Spree. Und Jürgen Hantigk ist beeindruckt, wie viele Leute heute hier sind. „Das kann ich aber auch verstehen. Der Staat handelt radikal. Wenn die Gesetzgebung wirklich so kommt, dann handelt der Staat brutal gegen seine Bürger.“ Nicht, dass er es sich wünschen würde. Aber „nachvollziehen kann ich es schon, wenn sich auch der Protest gegen diese Politik radikalisiert“, sagt der Rentner. MK