Fiat-Konzern bremst EU-Abkommen mit Südkorea

GLOBALISIERUNG Wegen der blockierten WTO-Verhandlungen setzt Südkoreas Regierung verstärkt auf bilaterale Freihandelsabkommen. Der Vertrag mit Europa, dem nach China zweitwichtigsten Exportmarkt der Südkoreaner, steht jetzt zur Unterschrift an. Aber Italien zögert

„Korea profitiert beim Export kleiner Autos, Europa bei großen“

TAE HYUN OH, ÖKONOM

AUS SEOUL VON SVEN HANSEN

Italiens Regierung hat auf Druck des Autokonzerns Fiat in letzter Minute ein EU-Freihandelsabkommen mit Südkorea verzögert. Das Abkommen, auf das sich Brüssel und Seoul im Oktober 2009 geeinigt hatten, sollte eigentlich am vergangenen Freitag vom Ministerrat beschlossen werden. Doch plötzlich bat Italiens Regierung um Bedenkzeit bis Montag. Denn der italienische Fiat-Konzern, der vor allem Kleinwagen baut, fürchtet trotz mehrjähriger Übergangsfristen den Verlust von Marktanteilen, sollten südkoreanische Autos nach dem Wegfall der Zölle günstiger nach Europa exportiert werden.

Doch auch am Montag wollte Italiens Regierung noch nicht zustimmen. Das Abkommen dürfte deshalb Thema beim Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag in Brüssel werden. Beobachter rechnen letztlich nicht mit Italiens Veto. Dem Abkommen muss auch noch das Europäische Parlament zustimmen, die 27 EU-Staaten müssen es auch noch ratifizieren.

Ein Kompromiss mit Italien könnte heißen, das Abkommen statt Anfang 2011 erst Mitte nächsten Jahres oder Anfang 2012 in Kraft treten zu lassen. Auch könnte Rom auf der strengen Anwendung von Schutzklauseln bestehen, die bei einem sprunghaften Anstieg koreanischer Einfuhren wirksam werden würden. Bei einem späteren Beginn des Abkommens befürchten europäische Befürworter allerdings, gegenüber den USA ins Hintertreffen zu geraten, sollte deren Freihandelsvertrag mit Korea vorher in Kraft treten.

Mit dem europäisch-koreanischen Abkommen sollen innerhalb von fünf bis sieben Jahren die Zölle auf 97 Prozent des Handels wegfallen. Der europäischen Wirtschaft würde dies laut EU-Kommission 1,6 Milliarden Euro im Jahr ersparen. Die Exporte nach Korea würden um bis zu 41 Milliarden wachsen, die Importe von dort um 34 Prozent.

Laut Südkoreas Chefunterhändler Choi Seok Young habe es in Korea gegen das EU-Abkommen kaum Proteste gegeben. Dagegen löste das Abkommen mit den USA wegen der geplanten Freigabe von Rindfleischimporten große Ängste wegen der Rinderkrankheit BSE aus und führte zu Massendemonstrationen. Hinzu kamen antiamerikanische Ressentiments.

Das exportstarke Südkorea hat bereits wirksame Freihandelsabkommen mit Chile, Singapur, den südostasiatischen Asean-Staaten sowie Indien. Demgegenüber sind die mit den USA und der EU ausgehandelten Abkommen noch nicht in Kraft. Laut Choi betreffen die bisherigen Abkommen 15 Prozent des koreanischen Außenhandels. „Wir wollen Freihandelsabkommen für 80 Prozent unseres Handels erreichen,“ sagt Choi, der stellvertretender Minister für Auswärtige Angelegenheiten und Handel ist. „Unser Ziel ist ein globales Netz solcher Abkommen.“

Deutschland ist Südkoreas größter Handelspartner in Europa. 37 Prozent der Importe aus der EU kommen aus Deutschland. „Die EU wird nach Inkrafttreten des Abkommens mehr Maschinen nach Korea exportieren und damit Maschinen aus Japan ersetzen,“ meint Tae Hyun Oh vom Korea-Institut für Internationale Wirtschaftspolitik (KIEP). „Korea wird beim Export kleinerer Autos profitieren, Europa bei größeren.“ Damit stützt er Italiens Bedenken. Bisher machen Importautos in Korea nur 7 Prozent aus. Marktführer ist dabei Mercedes Benz vor BMW. Mit dem Abkommen dürften die Exporte deutscher Nobelkarossen weiter steigen.

Laut Unterhändler Choi werden in Europa vor allem die Produzenten von Luxusprodukten profitieren. Diese sind Statussymbole der aufstrebenden koreanischen Mittelschicht. Als Beispiele nennt Choi auch französische Kosmetikartikel und Weine. Doch dürften auch die Niederlande und Belgien künftig noch mehr Schweinefleisch exportieren. „Hier könnten koreanische Mäster und amerikanische wie australische Exporteure Einbußen erleiden“, meint Choi.

In Europa und Korea werde es sowohl Gewinner als auch Verlierer geben. Aber letztlich profitierten beide Seiten, behauptet Choi. In Rom wird das offenbar anders gesehen.