Morgens auf der Arbeit, abends in der Küche

GLEICHSTELLUNG Frauen arbeiten zwar häufiger als früher. Aber sie fühlen sich durch ihre Jobs auch müder als Männer. Warum? Weil sie immer noch deutlich mehr im Haushalt machen als ihre Partner

BERLIN taz | 45 Prozent der Frauen in Deutschland leben von dem Geld, das sie durch eigene Arbeit verdienen. Weitere 29 Prozent bestreiten ihren Lebensunterhalt durch Renten und Pensionen. Das gab das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden bekannt.

Damit können sich immer mehr Frauen selbstständig finanzieren: 2008 lag die Zahl noch bei 42 Prozent, 1996 bei 39 Prozent. „Die Erwerbstätigkeit von Frauen hat in den vergangenen zwanzig Jahren stetig zugenommen“, sieht Matthias Keller vom Statistischen Bundesamt die Entwicklung als Ursache.

Wie sich Vollzeit-, Teilzeit- und Minijobs aufteilen, hat die Statistik im Befragungsjahr 2012 allerdings nicht erfasst. Ebenso wenig ist durch die Erhebung bekannt, wie hoch die jeweiligen Einkommen sowie die Ansprüche an die Lebensqualität der befragten Frauen waren. Die Frauen haben laut Keller lediglich angegeben, dass sie von ihrem verdienten Geld leben konnten.

Gleichzeitig fühlen sich Frauen von der Arbeit erschöpfter als Männer, hat das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung herausgefunden. 53 Prozent der Frauen, die zwischen 35 und 40 Stunden arbeiten, berichteten von Erschöpfungszuständen. Bei Müttern waren es 56 Prozent. Von den befragten Männern fühlten sich nur 42 Prozent überlastet, Väter zu 44 Prozent.

Doppelbelastung ist schuld

Ähnliche Unterschiede finden sich auch bei Teilzeitjobs: An Arbeitstagen fühlten sich Mütter in Teilzeit häufiger erschöpft als Väter, die ihre Arbeitszeit reduziert hatten. Besonders überlastet fühlen sich Arbeitnehmerinnen in Sozial-, Erziehungs- und Gesundheitsberufen sowie im Dienstleistungsgewerbe.

Bei längeren Arbeitszeiten, beispielsweise bei mehr als 41 Stunden, steigt die Zahl der erschöpften Frauen eklatant: Zwei Drittel aller Mütter beklagten Müdigkeit und Mattigkeit.

„In der Belastungswahrnehmung gibt es einen klaren Geschlechterunterschied“, sagt Christina Klenner. Als Ursache sieht die WSI-Forscherin die „berufliche Segregation in Kombination mit der Doppelbelastung“. Anders formuliert: Frauen arbeiten und leisten immer noch mehr im Haushalt als ihre Partner. Dieser Fakt ist nicht neu, bestätigt aber frühere qualitative und Zeitbudget-Studien.

Viele Frauen ziehen deshalb eine Teilzeit- der Vollzeitstelle vor, so Klenner: „Auch wenn damit Nachteile beim Einkommen, bei den Aufstiegschancen oder bei der Rente verbunden sein können.“ Sieben von zehn Müttern arbeiteten laut WSI-Genderdatenportal in Teilzeit. Klenner rät zu „generell kürzeren Arbeitszeiten für die Familienphase, auch für Väter“.

SIMONE SCHMOLLACK