berliner szenen Dickes B

Coolness auf Gaspedal

Ein B als erster Buchstabe auf dem Nummernschild verändert die Persönlichkeit. Mit meinem hessischen Kennzeichen habe ich auch meine Zurückhaltung im Straßenverkehr abgelegt. Außerdem habe ich mir eine Ungeduld gegenüber anderen angelegt sowie Gelassenheit gegenüber mir selbst: Bin ich früher engen Parklücken lieber aus dem Weg gefahren, um bloß keinen Rückstau zu verursachen, nehme ich mir jetzt ohne mit der Wimper zu zucken Zeit.

Durch den Rückspiegel blicke ich den ungeduldigen Fahrern selbstbewusst in die Augen. Auch wende ich den Blick nicht ab, als der Mann vom Ordnungsamt mir meinen ersten Strafzettel für Falschparken ausstellt. Stolz halte ich den fünf Euro teuren Beweis, dass ich jetzt dazugehöre, in den Händen. Wie gut, dass ich Parkverbotsschilder nun guten Gewissens übersehen kann. Das hätte ich mit meinem DA-Kennzeichen nicht gewagt. Noch vorsichtig fahre ich zum ersten Mal über die weiße Fahrbahnmarkierung und gleite königlich auf der Busspur weiter. Ich fühle mich herrlich verwegen und drücke zum ersten Mal zaghaft auf die Hupe. Ohne B, noch nicht mal an zweiter oder dritter Stelle des Nummernschilds, erhoffte ich mir Rücksicht oder zumindest Mitleid der Berliner. Beides blieb aus.

Die Fahrer machen auch jetzt keinen Unterschied: Will ich die Fahrbahn wechseln, ignorieren sie meinen Hauptstadt-Blinker. So viel Konsequenz beeindruckt mich, und ich freue mich, Teil davon zu sein. Auch jetzt noch werde ich durch sämtliche Kreisel gehupt. Der bedeutende Unterschied: Es lässt mich absolut kalt. Mit dem B habe ich mir innere Coolness angeschafft, die ich bis runter in die linken Fußzehen auf dem Gaspedal spüren kann.

LENA KATHARINA HACH