Dinner am Neuen Wall
: Iss und kauf

Nein, die Idee ist nicht sensationell neu. Schon lange spricht die Welt vom so genannten Erlebnis-Shopping. Längst darf der – noch nicht gekaufte – Roman im Buchladen mit eigens ausgeschenktem Kaffee vollgekleckert werden, längst spielt im Restaurant nicht mehr nur die berühmt-berüchtigte Zigeunerkapelle. Was indes den Einkauf in feinen Kreisen betraf, war man bisher einigermaßen gefeit vor derlei Ablenkung von der Ware. Zu wichtig war die Überprüfung von Qualität und Preis, zu Identität stiftend die gepflegte Ruhe. Denn schließlich war man – wenn schon nicht auf Sylt – doch wenigstens unter sich.

Mit dieser Event-Armut soll es jetzt aber vorbei sei: Zum Dinner-Shopping laden für den heutigen Sonnabend Hamburger Spitzenköche beim „Grand Opening“ – sprich: dem Abschluss der Neugestaltung – an den Neuen Wall. Und was wird da nicht alles geboten: Erlesenes der Köche der edelsten Restaurants wird da zu kosten sein; Häppchen und Fingerfood, zu genießen parallel zum runderneuerten Einkaufserlebnis.

Fraglich ist da, ob die Köche ihr oftmals geruchsintensives Handwerk inmitten pastellfarbener Edelwaren betreiben werden – oder nicht doch lieber draußen in einem Zelt. Apart auch, sich auszumalen, was passierte, würden die Fleischhäppchen gleich neben der Krokotasche geköchelt. Und wer haftet eigentlich, wenn sich der eine oder andere Fettfleck auf das perlenbewehrte Kleine Schwarze verirrt?

Fragen, die, wer mag, heute vor Ort recherchieren kann. Die Vermutung aber, dass Fingerfood nur bekommt, wer genügend teuer kauft – die kann wohl getrost der üblen Nachrede zugerechnet werden … taz