Mitglied des „17. November“ fast erblindet

URTEIL Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt Griechenland zu einer Symbolstrafe von 1.000 Euro. Griechischem Exterroristen Savvas Xiros droht wegen vorzeitig explodierter Bombe Blindheit

STRASSBURG taz | Griechenland hat den schwerkranken Exterroristen Savvas Xiros nicht angemessen behandelt. Dies stellte jetzt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg fest. Er sprach dem Inhaftierten den symbolischen Schadensersatz von 1.000 Euro zu (Az.: 1033/07).

Xiros, geboren 1962, war Mitglied der linken Terrorgruppe „17. November“. Der Name der Gruppe erinnert an einen studentischen Aufstand gegen die griechische Militärdiktatur, der am 17. November 1973 im Athener Polytechnikum niedergeschlagen wurde. Die Gruppe verübte zwischen 1975 und 2002 mehr als 100 Anschläge auf griechische, amerikanische, britische und türkische Ziele und tötete dabei 23 Menschen. In mehr als 25 Jahren wurde kein einziges Mitglieder der Gruppe enttarnt.

Als Erster wurde 2002 der Ikonenmaler Savvas Xiros verhaftet, nachdem ihm eine halbfertige Bombe in den Händen explodierte. Anschließend sagte er umfassend aus, worauf die wichtigsten Mitglieder der Organisation verhaftet wurden. Xiros widerrief später seine Aussagen, weil er unter Psychopharmaka gesetzt worden sei. Der Maler wurde zu fünfmal „lebenslänglich“ verurteilt, unter anderem für die Ermordung des britischen Militärattach¥es in Athen, 1999.

Schon seit Jahren fordern Xiros und linksradikale Sympathisanten, auch in Deutschland, eine Beendigung seiner Haft. Es sei „Folter“, den Schwerkranken, der noch an den Folgen der vorzeitig Bombenexplosion leidet, im Gefängnis zu behalten. Xiros kann kaum noch sehen, ist fast taub, ihm fehlen drei Finger einer Hand, und er klagt über Gleichgewichtsstörungen.

Die Straßburger Richter entschieden nun jedoch, dass Xiros grundsätzlich haftfähig sei. Auch die generellen Umstände seiner Haft wurden nicht beanstandet. Dagegen kritisierten die Richter den Umgang mit Xiros Augenverletzung. Obwohl drei von vier befragten Sachverständigen die Verlegung in ein Krankenhaus empfahlen, entschieden die griechischen Behörden, dass die Behandlung im Korydallos-Gefängnis ausreichend sei. Hierin sah das Straßburger Gericht eine unmenschliche Behandlung im Sinne von Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Die Entscheidung fiel mit vier zu drei Richterstimmen denkbar knapp aus. Gegen das Urteil sind noch Rechtsmittel zur Großen Kammer des Gerichtshofs möglich. CHRISTIAN RATH