GEHT’S NOCH?
: Das hat sich doch keiner ausgesucht

Genauso schlimm wie Matthias Matusseks Hass auf Homos sind die Gegenargumente der ach so Toleranten

Alle wollen dem armen Matthias Matussek eine Gegenantwort schreiben. In der FAZ, der Frankfurter Rundschau und in der taz. Die halbe Presselandschaft diskutiert über einen Artikel von ihm, der in der Welt mit dem Titel „Ich bin wohl homophob. Und das ist auch gut so“ erschienen ist. Im European, diesem Debattenportal, das niemanden interessiert, sind mittlerweile etliche Artikel erschienen. Es wird gestritten – vor allem um Biologismus. Homosexualität sei defizitär, schreibt Matussek, weil angeblich keine Kinder aus homosexuellen Beziehungen entstehen können. Und der Shitstorm beginnt.

Die Gegenreden beginnen immer gleich: Erstens, Homosexualität hat sich keiner freiwillig ausgesucht. Zweitens, auch im Tierreich gibt es Homosexualität. Sie ist also angeboren. Drittens, über Homosexualität darf man nicht streiten. Alle drei Ansätze sind jedoch mehr als absurd.

Nummer eins und zwei argumentieren rein biologistisch. Der erste Fall insinuiert, keiner würde sich freiwillig die Homosexualität aussuchen, weil sie ja dann offensichtlich doch ganz schön schlimm und ekelig sei. Und auch Nummer zwei bringt eigentlich niemanden etwas. Homosexuelle sind Teil der Gesellschaft, sie sind real, kein Phantasma. Wen interessiert also, wie sich Tiere paaren. Und drittens: Man darf und soll über alles streiten.

Aber auf welcher Grundlage wird eigentlich diskutiert? Matthias Matussek macht es sich einfach, indem er mit seiner Furcht vor den „schrillen Vorkämpfern und Genderaktivisten“ schlicht in seinen jämmerlichen Duktus verfällt. Denn sein einziges Argument, das er in all seinen Gegenantworten verwendet, sind die Facebook-Empfehlungen, die sein Welt-Artikel generiert hat: mehr als 30.000. Fehlt eigentlich nur noch die große Facebook-Umfrage: „Ist jetzt Homosexualität okay?“ Die Antwortmöglichkeiten: Ja. Nein. Vielleicht. Solange sie die Kinder in Ruhe lassen. Was Matthias Matussek offensichtlich nicht weiß, ist, was einige in der Facebook-Empfehlung schrieben: „Was für ein reaktionäres Arschloch.“ ENRICO IPPOLITO