Vom OB zum Herausforderer

Thorsten Albig hält sich für populärer als SPD-Landeschef Ralf Stegner

Von Berlin nach Kiel, vom Finanzministerium ins Rathaus: Ihn reize die „reale Politik“, begründete Torsten Albig (47), warum er sich 2009 um das Oberbürgermeisteramt der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt bewarb. Also Kitas, Baustellen, Buslinien anstelle der „virtuellen Politik“, um die Landesregierungen und erst recht das Raumschiff Berlin kreisen.

Aber nun drängt Albig zurück ins Raumschiff: Unerwartet erklärte er, dass er als Spitzenkandidat der SPD bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein antreten will. Er halte sich für populärer als den SPD-Landeschef Ralf Stegner, der bisher als einziger Bewerber für den Spitzenposten galt.

Albigs Vorstoß überrascht auch, weil der Jurist und Steuerfachmann jüngst vorschlug, die Bundesländer abzuschaffen. Die für die Menschen wichtige Ebene sei die Kommune, „alle Landesregierungen kümmern sich erst mal um ihre Interessen“, sagte Albig der Welt. Aber der gebürtige Bremer, der in Schleswig-Holstein und Bielefeld aufwuchs, hat in seinem Leben schon mehrere Haken geschlagen.

Nach dem Studium arbeitete er in Schleswig-Holstein in der Steuerverwaltung, erhielt aber schnell den Ruf nach Berlin. Er plante in der SPD-Zentrale die rot-grüne Steuerreform mit und war bereits 1998 Sprecher des Bundesfinanzministeriums – da war er 35 und sein Chef hieß Oskar Lafontaine. Als nach Lafontaines Ausstieg Hans Eichel übernahm, ging auch Albig, der sich stets nicht nur als Sprecher, sondern als eigenständiger Politiker verstanden hat. 2001 wechselte er in die Wirtschaft, wurde Konzernsprecher der Dresdner Bank. Nach einem Jahr zog es ihn in die Provinz, in die „reale Politik“ zurück. Albig wurde Stadtrat, dann Kämmerer in Kiel. 2006 berief ihn Peer Steinbrück erneut als Sprecher des Finanzministeriums. Auf diesem Posten blieb Albig, der mit seiner Frau und zwei Kindern seinen Hauptwohnsitz in Kiel hat, bis er 2009 mit einem sachbetonten, kaum kämpferischen Wahlkampf die Kieler CDU-Oberbürgermeisterin Angelika Volquartz besiegte.

Ob es jetzt auf eine Kampfkandidatur hinausläuft, ist unklar: Ralf Stegner hat noch nicht entschieden, ob er antritt. Alle Bewerber, das beschloss der Parteivorstand, müssen sich einer Urabstimmung stellen.ESTHER GEISSLINGER