KARIN SCHÄDLER ZUM ENDE DES HUNGERSTREIKS EINES PALÄSTINENSERS IN BERLIN
: Deutsches Wegschauen

Fast sechs Wochen lang weigerte sich Firas Maraghy, Nahrung zu sich zu nehmen, weil er sich in seinen Menschenrechten beschnitten fühlte. Er machte dies demonstrativ gegenüber der israelischen Botschaft in Berlin, auf einem Bürgersteig. Doch die deutsche Politik tat viel zu lange so, als ob sie das nichts angehen würde.

Bis auf ein paar löbliche Ausnahmen in allen Fraktionen des Bundestag haben die meisten deutschen Politiker den Fall zunächst ignoriert oder, nachdem Maraghy schon vier Wochen lang gehungert hatte, nur zögerlich reagiert. Die große Mehrheit wollte nichts für ihn tun – meist mit Verweis darauf, dass die israelischen Behörden im Einklang mit dem israelischen Recht handelten.

Doch der Fall des Firas Maraghy weist über sein Einzelschicksal hinaus. Der in Ostjerusalem geborene Palästinenser gilt, bis es zu einer Einigung im Nahostkonflikt kommt, offiziell als staatenlos. Doch Israel hat durch seine Besetzung Ostjerusalems eine Verpflichtung gegenüber den dort lebenden Menschen übernommen, die man auf diplomatischem Wege einfordern kann. Natürlich müsste die israelische Botschaft in Berlin auch für Palästinenser aus Ostjerusalem und deren Angehörige zuständig sein, weil Ostjerusalem unter israelischer Verwaltung steht. Und natürlich dürfte das Bleiberecht eines Palästinensers aus Jerusalem nicht einfach ablaufen, wenn die Pässe für israelische Staatsbürger das nicht tun.

Die israelischen Behörden haben immer wieder gezeigt, dass sie Maraghys Anliegen nicht verstehen wollen. Stattdessen ließ die Botschaft verlauten, er führe einen „ideologischen Kampf“ gegen das israelische Recht. Dabei forderte Maraghy, dessen Familie seit Generationen in Jerusalem lebt, dort nur ein dauerhaftes Bleiberecht für sich, seine Tochter und seine deutsche Frau. Möglicherweise findet sich in seinem Fall jetzt eine Lösung. Doch das Grundproblem bleibt.

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