Angriffslustige Skorpione

EISHOCKEY-SAISONAUFTAKT Beim Nord-Rivalen Wolfsburg zeigen die totgesagten Hannoveraner, dass mit ihnen wieder zu rechnen ist

Vor Wochen gab es in Hannover mehr Fragen als Antworten. Das Aus drohte

Er wollte einen Moment lang allein sein. Nur kurz flogen die geballten Siegerfäuste von Toni Krinner, dem neuen Trainer der Hannover Scorpions, nach einem am Ende durchaus glücklichen 3:1 (1:1; 1:0; 1:0) in der Deutschen Eishockey-Liga beim EHC Wolfsburg durch die Luft, ehe er in den langen, dunklen Gängen im Bauch des Eispalastes verschwand. Eine kleine Ewigkeit verging, dann tauchte er wieder auf, sprach leise, fast schon ein wenig schüchtern davon, dass seine Mannschaft sich den Erfolg „hart erarbeitet und von Anfang an gezeigt hat, dass sie bereit ist, alles zu geben“. Es verwunderte nicht, dass der 43-jährige den Augenblick des Glücks erst einmal nicht allzu bunt und laut im Scheinwerferlicht genießen wollte. Er war froh, überhaupt hier zu sein. Denn beinahe wären Krinner und der Meister der vergangenen Saison in der neuen Spielzeit gar nicht dabei gewesen.

Es ist nämlich noch gar nicht so lange her, da hatte es in Hannover mehr Fragen als Antworten gegeben. Günter Papenburg, der Besitzer der Scorpions, hatte nur wenige Wochen nach dem furiosen Titelgewinn mit der Lizenzrückgabe gedroht und einmal mehr die Vergänglichkeit des Glücks in einem noch immer nach sich selbst suchenden Sport veranschaulicht. Der erfolgreiche Bauunternehmer war nicht mehr bereit, den Spielbetrieb wie in der Vergangenheit mit vielen Millionen aus der eigenen Tasche am Leben zu halten –und forderte von der Deutschen Messe AG und dem Touristikunternehmen TUI, sich in einer Betreibergesellschaft an der verlustreichen TUI-Arena, der Heimspielstätte der Scorpions, zu beteiligen. Die Einigung, die nach vielen Wochen des Bangens erst Ende Juli erzielt wurde, ist auch der Versuch, die Scorpions in Zukunft unabhängiger von Papenburg zu machen. Ein Neuanfang. Wieder einmal.

„Was im Sommer passiert ist, beschäftigt uns nicht mehr“, versucht Krinner glaubhaft zu versichern. Er hat sich im sportlichen Bereich der durchaus anspruchsvollen Aufgabe verschrieben, der Mannschaft nach dem Abschied von Meister-Trainer Hans Zach ein neues Spielsystem beizubringen. Wie zuletzt in Wolfsburg, wo er fünf Jahre erfolgreich gearbeitet hat, will er auch in Hannover eine ausgesprochen lauffreudige und früh angreifende Mannschaft auf das Eis schicken. Gegen seinen ehemaligen Verein ist ihm das nach den Toren von Adam Mitchell (5.), Aris Brimanis (25.), und Matt Dzieduszycki (57.) erst einmal ganz gut gelungen.

Am Sonntagnachmittag setzten sich die Scorpions dann schon wieder an die Tabellenspitze – zumindest für vier Stunden. Gegen Altmeister DEG Metro Stars gelang ein hart umkämpfter 3:2-Sieg. Die Entscheidung gelang wiederum dem offensichtlich auf späte Tore spezialisierten Matt Dzieduszycki 47 Sekunden vor Schluss.CHRISTOPH ZIMMER