Ambitiöse Ziele in Washington

NAHOST Zum Auftakt der Gespräche zwischen Israels Ministerpräsident Netanjahu und Palästinenserpräsident Abbas gibt US-Präsident Obama vorsichtigen Optimismus vor

„Diese Gelegenheit kommt vielleicht so schnell nicht wieder“

US-Präsident Barack Obama

AUS WASHINGTON DOROTHEA HAHN

Was die drei Männer verbindet, ist die Grundfarbe ihrer Krawatte. Sowohl Benjamin Netanjahu als auch Mahmud Abbas als auch Barack Obama tragen Hellblau, als sie sich zum Auftakt der Nahost-Gespräche im Weißen Haus treffen. Doch schon beim Muster trennen sich ihre Wege: bei Israels Ministerpräsident gehen die Streifen nach rechts unten, der US-Präsident trägt seine Krawatte einfarbig und der palästinensische Präsident hat Streifen nach links unten.

Gastgeber Obama verbreitet gedämpften Optimismus, als er die beiden Spitzenpolitiker aus dem Nahen Osten zu ihren ersten direkten Gesprächen seit 20 Monaten begrüßt. „Die Sache ist außergewöhnlich komplex und schwierig“, sagt er, „aber wenn wir diesen Versuch nicht machen, ist das Scheitern garantiert.“ Dann listet Obama, der am Vorabend in einer nationalen Ansprache den US-Kampfeinsatz im Irak beendet hat, die ambitiösen Ziele auf, die er mit den Nahost-Verhandlungen erreichen möchte: einen „unabhängigen, demokratischen und existenzfähigen palästinensischen Staat“ und eine „friedliche Nachbarschaft“ zwischen Israel und seinen Nachbarn. Er sagt auch, dass die tödlichen Schüsse auf vier israelische Siedler wenige Stunden zuvor einer der „terroristischen Versuche“ seien, den Verhandlungsversuch zu untergraben. Und wiederholt: „Diese Gelegenheit kommt vielleicht so schnell nicht wieder.“

Seine beiden Gäste kommen unter grundverschiedenen Vorzeichen nach Washington. Abbas ist intern und international geschwächt. Netanjahu steht an der Spitze einer starken rechten Koalition, in der die Befürworter des illegalen Siedlungsbaus in den palästinensischen Gebieten die Mehrheit stellen. Das Ende des partiellen Moratoriums für neue Siedlungen am 26. September ist schon jetzt einer jener Termine, an denen die Verhandlungen scheitern könnten. Die israelischen Rechten wollen den Baustopp beenden. Die palästinensische Seite will die Gespräche nur dann fortsetzen, wenn das Moratorium verlängert wird.

An den direkten Gesprächen sind auch Ägyptens Präsident Husni Mubarak und Jordaniens König Abdullah beteiligt. Beide Staaten haben Friedensverträge mit Israel geschlossen. Und aus beiden Ländern geben sich Spitzenpolitiker vorab skeptisch über die Erfolgsmöglichkeiten. Der ehemalige jordanische Außenminister Morwan Muasher sagt, es sei „schwierig, nicht zynisch darüber zu denken“. Und fügt hinzu, dass er es als „gutes Zeichen für den Friedensprozess“ werte, solange die Gespräche in Washington stattfänden.

Aus London kommt ein Echo von zwei europäischen Außenministern: der deutsche, Guido Westerwelle, nennt die Gespräche „eine Chance, mehr nicht“, der britische, William Hague, spricht von ihrer „historischen Bedeutung“.

Am Auftakttag ist in Washington davon die Rede, dass Mubarak Ägypten als Standort für eine nächste Verhandlungsrunde angeboten habe.