UN enthüllen Kongo-Verbrechen

BERICHT Brutale Massaker listet die bisher umfangreichste Untersuchung von Kongos Kriegsverbrechen auf. Der unveröffentlichte Bericht liegt der taz vor

BERLIN taz | Ein noch unveröffentlichter Bericht einer UN-Untersuchungskommission über Kriegsverbrechen in der Demokratischen Republik Kongo zwischen 1993 und 2003 ist der taz und zahlreichen internationalen Medien zugespielt worden und hat eine diplomatische Krise ausgelöst. Ruandas Justizminister Tharcisse Karugurama sprach gestern von einem „Bericht ohne Grundlage“, der „keinen Wert“ habe. Zuvor hatten erste Darstellungen in der französischen und englischsprachigen Presse die Teile des Berichts hervorgehoben, die Ruanda beschuldigen: Die ruandische Armee habe während des Krieges zum Sturz der Mobutu-Diktatur im Kongo 1996–97 systematische Massaker an ruandischen Hutu-Flüchtlingen begangen. Wenn die dargelegten Vorfälle gerichtsfest bewiesen werden könnten, könnte ein Gericht sie als „Völkermordverbrechen“ werten, so der UN-Bericht, der bisher nur im Entwurf vorliegt. Berichten zufolge gibt es politischen Druck, ihn abzumildern, bevor er offiziell veröffentlicht wird.

Die UN-Untersuchungskommission hatte im Auftrag des UN-Menschenrechtskommissars zwischen 2008 und 2009 eine Kartografie der schwersten Menschenrechtsverletzungen im Kongo von Beginn der ersten ethnischen Pogrome 1993 bis zum formellen Ende des Kongo-Krieges 2003 erstellt. Ihre Auflistung von insgesamt 617 Vorfällen umfasst eine Reihe von Massakern an jeweils mehreren hundert ruandischen und kongolesischen Hutu 1996–97 und schlussfolgert, insgesamt seien dabei möglicherweise „Zehntausende“ ums Leben gekommen. Sie geht aber auch auf vorherige Pogrome gegen Tutsi sowie Menschenrechtsverletzungen anderer Kriegsparteien in den Jahren danach ein, von Kongos Regierung über die Armeen Angolas und Ugandas bis zu ruandischen Hutu-Milizen und diversen bewaffneten Gruppen. Gefordert wird die Einrichtung einer Wahrheitskommission im Kongo mit internationaler Unterstützung.

D.J.

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