MICHAEL FÜRST, JÜDISCHER FUNKTIONÄR
: Der Traditionalist

■ hat Hannover nur während des Studiums verlassen. Er ist Ehrenvorsitzender des Bundes jüdischer Soldaten.Foto: dpa

Gerade feierte Michael Fürst sein 30-jähriges Dienstjubiläum. Doch dieses Ereignis steht im Schatten eines größeren: Fürst ist Vorsitzender des Landesverbands der Jüdischen Gemeinden in Niedersachsen, den es nunmehr seit 60 Jahren gibt. Als er auf seinem Posten anfing, habe er vor allem Öffentlichkeitsarbeit leisten müssen, sagt er. „Der Verband hatte nur 500 Mitglieder und war wenig bekannt.“

Aufgewachsen ist Michael Fürst in der Nachkriegszeit in Hannover. Für ihn sei es einfacher gewesen als für andere Juden: „Meine Eltern waren Deutsche. Ich kann von Deutschland als Heimat sprechen.“ 1966 war er einer der ersten jüdischen Soldaten in der Bundeswehr. Für ihn war das selbstverständlich.

Fürst wurde religiös erzogen, bei seinen Kinder habe er es ebenso gemacht: „Sie hatten immer ihren Status in der jüdischen Gemeinde. Religion ist ein fester Bestandteil bei uns“, sagt Fürst.

An diesem Religionsverständnis mangele es vielen Juden, gerade denen, die aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland gekommen seien. Die so genannten Kontingentsflüchtlinge machen einen Großteil der rund 7.000 Mitglieder des Verbands aus. „Viele von ihnen haben seit Stalins Zeiten nichts von Glaubensfragen gehört. Gemeinsam mit ihnen müssen wir die Traditionen wieder aufbauen“, sagt Fürst. Tradition sei ein „zentraler Punkt“ im jüdischen Selbstverständnis.

Etwa zwei Stunden wendet er täglich für die Verbandsarbeit auf. Hauptberuflich ist er Anwalt, seit 1976 führt er eine eigene Kanzlei. Seine Arbeitstage bezeichnet er als „ganz schön lang“.

Als Workaholic sehe er sich nicht, sagt Fürst. Er könne auch ohne Arbeit leben. Zum Ausgleich spielt er Golf. „Damit verbringe ich mein Wochenende. Wenn ich nicht grade meine Kinder und Großkinder zu Besuch habe.“

Seine Position wolle er behalten, solange er gesund sei. „Im Moment gibt es auch keinen Nachfolger für mich. Wir müssen die Jüngeren erst noch motivieren.“

Im nächsten Jahr steht für Fürst ein weiteres Jubiläum an. Dann ist er 25 Jahre Mitglied im NDR-Verwaltungsrat. DEB