Russisches Militär bleibt länger in Armenien

VERTRAG Jerewan und Moskau verlängern Präsenz bis 2044 und vereinbarten Aufstockung der Truppen

Der Vertrag ist eine Reaktion auf wachsende Spannungen im Verhältnis zu Baku

ISTANBUL taz | Der armenische Präsident Serge Sarkissian hat am Wochenende während eines Besuchs des russischen Präsidenten Dimitri Medwedjew in Jerewan einen Vertrag unterzeichnet, der die Präsenz russischen Militärs in Armenien bis 2044 verlängert. Auf dem russischen Stützpunkt in Gjumri sind bislang 3.000 russische Soldaten und Kampfflugzeuge stationiert. Der Vertrag, der 2019 auslaufen sollte und jetzt verlängert wurde, sieht vor, dass die Zahl der Soldaten aufgestockt wird und Russland künftig ganz allgemein die Sicherheit Armenien mit garantieren soll.

Dieser neue Vertrag, den Sarkissian trotz erheblicher innenpolitischer Kritik unterzeichnete, ist eine klare Reaktion auf wachsende Spannungen im Verhältnis zum verfeindeten Nachbarn Aserbaidschan. Beide Länder streiten seit Jahrzehnten um die Region Berg-Karabach, ein mehrheitlich von Armeniern besiedelter Landstrich, der eine Enklave innerhalb von Aserbaidschan bildet. In einem Krieg in der ersten Hälfte der 90er Jahre eroberten armenische Truppen mit russischer Unterstützung außer Berg-Karabach weitere sieben aserbaidschanische Provinzen rund um die Enklave.

Seit 1994 gilt ein Waffenstillstand, der brüchiger wird. In den vergangenen Wochen wurden bei Schießereien entlang der Demarkationslinie fünf Menschen getötet. Aserbaidschan ist zunehmend frustriert, dass alle Verhandlungen seit Beginn des Waffenstillstands, die von Russland und den USA unterstützt werden, nichts gebracht haben.

„Wenn Armenien sich nicht bewegt“, drohte kürzlich der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew, „kommt die militärische Option wieder auf den Tisch“. Nach Angaben des türkischen Thinktanks für internationale Beziehungen Türksam hat Aserbaidschan mit den enormen Gewinnen aus seinen Öleinnahmen seine Ausgaben für Waffeneinkäufe in den letzten sieben Jahren um das 13-Fache erhöht.

Bei einem Besuch des türkischen Präsidenten Abdullah Gül in Baku in der letzten Woche, hat Alijew erneut erklärt, er sei strikt gegen eine Öffnung der armenisch-türkischen Grenze, solange Armenien nicht wenigstens einen Teil der besetzten Gebiete räumt. Beobachter fürchten, Aserbaidschan könnte versuchen, ein oder zwei der sieben besetz Provinzen zurückzuerobern. JÜRGEN GOTTSCHLICH