MEHR WETTBEWERB WIRD KOMMEN – UND DEN KUNDEN NUTZEN
: Apotheker unter Druck

Bisher haben sie noch jede Gesundheitsreform heil überstanden. Doch nun kommt ein Landespolitiker, wedelt mit EU-Richtlinien, öffnet den für deutsche Apotheker reservierten Markt für ein ausländisches Unternehmen, und ein Landesgericht gibt ihm auch noch recht. Die Apotheker verweisen auf geltendes deutsches Recht und malen das Menetekel raffgieriger Apothekendiscounter an die Wand. Doch diese Abwehrschlacht gegen die Durchsetzung geltender EU-Bestimmungen kann die Apothekergilde nur verlieren. Sie sollte sich deshalb nicht damit aufhalten, über böse Konkurrenten und Minister zu jammern, sondern sich auf den schärferen Wettbewerb einstellen.

Bisher klammern sich die Apotheker an das deutsche Fremdbesitzverbot. Demnach dürfen nur hier zugelassene Apotheker eine Apotheke und bis zu drei Filialen eröffnen. DocMorris ist aber eine Aktiengesellschaft. Die Entscheidung des saarländischen Sozialministers, den Niederländern eine Betriebserlaubnis zu erteilen, ist formal ein Rechtsbruch. Faktisch gilt jedoch schon jetzt die europäische Niederlassungsfreiheit, auch für Apothekenkonzerne.

Die Apotheker mussten solche Konkurrenz bisher nicht fürchten und haben sich wohlig eingerichtet. Davon zeugen 21.500 gutlaufende Apotheken von Norderney bis zum Bodensee. In den Niederlanden, wo DocMorris seinen Sitz hat, gibt es weit weniger Apotheken. Die Preise in Deutschland sind dennoch höher als beim Nachbarn. Das liegt auch an geregelten Gewinnspannen. Selbst wenn Pillen nur 1 Euro im Einkauf kosten, die Apotheker machen einen garantierten Gewinn von 6,10 Euro. Rabatte bei frei verkäuflichen Medikamenten werden kaum an die Kunden weitergegeben. Wieso auch, die hiesige Apothekergilde hat das Monopol für die Arzneiabgabe. Großapotheken wie DocMorris stellen es infrage – zur Freude der Kunden. Der Großhändler bietet frei verkäufliche Medikamente in Deutschland bis zu 30 Prozent billiger als umliegende Apotheken an.

Ein Ansatz für mehr Wettbewerb findet sich auch in den Eckpunkten zur Gesundheitsreform. Für Arzneimittel sollen keine Festpreise mehr gelten, sondern Höchstpreise. Nun hängt es vom Geschick der Kassen und der Apotheken ab, diese zu unterbieten und Preisvorteile auszuhandeln. Die einzelne Eckapotheke wird zwischen den großen Playern – den Krankenkassen und Herstellern – schnell zerrieben. Die Verbände und Kammern sollten im eigenen Interesse dafür kämpfen, die alten Vorschriften für Apotheken auszumisten, und selbst Einkaufsverbände bilden. ANNA LEHMANN