Bremerhavener Unglückswerft

Das Feuer auf dem Kühlfrachter „Cala Palma“ droht die Bremerhavener Lloyd-Werft erneut in die Krise zu stürzen: Reederei des Unglücksschiffes stellt die Reparatur und ihre Folgeaufträge in Frage

aus Bremerhaven Delf Rothe

Beißender Gestank liegt in der Luft, Rauchschwaden erschweren die Sicht. Rauch, der die gerade genesene Bremerhavener Lloyd-Werft erneut in große Schwierigkeiten bringen könnte. Im Trockendock der Werft steht der Kühlfrachter „Cala Palma“ in Flammen. Eines von vier Schiffen der niederländischen Reederei „Seatrade Groningen“, die hier um 16 Meter verlängert werden sollten. Am Dienstagnachmittag brachen die Flammen aus, gestern abend loderten sie noch immer. Nachdem alle Löschversuche des Großaufgebots von Feuerwehren aus Bremerhaven und Bremen vergeblich geblieben waren, änderten diese ihre Strategie. Man lasse das Feuer im Innenraum des Schiffes nun „kontrolliert ausbrennen“, verkündete der Leiter der Bremerhavener Feuerwehr Joachim Held.

Die Ursache des Brands ist noch unklar. Das Feuer war im Innenraum des Schiffes ausgebrochen und ergriff die Isolierung der dortigen Kühlräume. Dort herrschen nun Temperaturen von bis zu 300 Grad. „Bei der Hitze würden sogar die Visiere unserer Schutzhelme schmelzen“, sagt Held.

Die brennende, bis zu 70 Zentimeter dicke Isolierschicht aus Polyurethan-Schaum setzte gesundheitsschädigende Dämpfe frei. „Eine gesundheitliche Gefährdung der Bremerhavener Bevölkerung durch den Schiffsbrand kann nicht ausgeschlossen werden“, warnte der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Klaus Möhle. Zwei WerftarbeiterInnen und drei AnwohnerInnen mussten am Dienstag mit Atembeschwerden und Kopfschmerzen mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden. Sie befänden sich noch in Behandlung, es gehe ihnen aber besser, versicherte Held. Zeitweise habe man überlegt, die Stadt zu evakuieren: „Aber es handelt sich nur um Nitrose-Gase und nichts Hochgiftiges.“ Messfahrzeuge, unter anderem der Freiwilligen Feuerwehren aus der Bremer Neustadt und Bremen-Blumenthal, kontrollierten die Luftqualität.

Der Großbrand ist bereits das zweite schwere Schiffsunglück auf der Lloyd-Werft in den den vergangenen zwei Jahren. Das Kreuzfahrtschiff „Pride of America“ war Anfang 2004 nach einem Orkan in Schräglage geraten, die unteren Decks voll Wasser gelaufen. In Folge geriet auch der mit 525 Mitarbeitern größte Bremerhavener Arbeitgeber zunächst in wirtschaftliche Schieflage und dann in Insolvenz – wenn auch mit Happy-End: Die Reederei Norwegian Cruise Line entschloss sich, das Schiff in Bremerhaven fertig bauen zu lassen, Versicherungen zahlten den Gesamtschaden von 150 Millionen Euro. Schließlich stiegen die italienische Staatswerft Fincantierie und eine Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Landes Bremen als Gesellschafter ein.

Mit dem Brand drohen nun neue Schwierigkeiten. Zwar schloss Werft-Chef Werner Lüken ein Verschulden der Werft bereits aus. Es sei bereits geklärt, dass keine Fahrlässigkeit vorliege und die Brandschutzauflagen eingehalten worden seien, versicherte er: „Nach ersten Erkenntnissen weist die Organisation der Werft keine Lücken auf.“ Die Schweißarbeiten an dem Schiff seien bereits beendet gewesen. Er sei daher optimistich, dass die Versicherungen für den entstandenen Schaden aufkommen würden.

Der eilig nach Bremerhaven gereiste Geschäftsführer der Seatrade Groningen, der das brennende Schiff gehört, Karl-Heinz Hilbig, äußerte sich gestern allerdings reserviert: „Wir können noch nicht sagen, ob die Cala Palma auf der Lloyd-Werft zu Ende gebaut wird.“ Erst einmal müsse die Ursache genau geklärt werden. Außerdem sei unklar, ob die Lloyd-Werft nach dem Brand noch die Kapazitäten habe, die bereits geplanten Umbauten an den drei Schwesterschiffen der „Cala Palma“ vorzunehmen. Der Kühlfrachter sollte ursprünglich zum 21. August ausgeliefert werden.

„Das wird sich nun um einige Wochen, wenn nicht Monate verzögern“, schätzt Lloyd-Chef Lüken. Was der Brand für die Folgeaufträge bedeute, könne man erst abschätzen, wenn die Schäden bekannt seien. Dafür aber müsse man das Schiff begehen. Ob die Reparatur der Brandschäden wohl an der Lloyd-Werft vorgenommen werde? „Ich gehe davon aus“, sagt Lüken: „Aufgrund unserer Standortvorteile.“