„Ein verzerrtes Bild“

ISLAMOPHOBIE Eine Medienwissenschaftlerin zeigt, wie sich antiislamische Vorurteile bilden und festigen

■ Sprachwissenschaftlerin, Medienpädagogin und Gründerin des Instituts für Medienverantwortung in Erlangen

taz: Frau Schiffer, haben wir ein verzerrtes Bild vom Islam?

Sabine Schiffer: Ja. Wir lasten ihm Dinge an, die nicht alleine ihm anzulasten wären.

Warum?

Wenn etwas schief läuft, was die eigene Community betrifft, können wir das einordnen, als Verbrechen, Vergehen, etc.. Passiert es in fremden Communities, dann schließen wir reflexhaft: „Aha, das ist bei denen so.“ Unsere Wahrnehmung ist zudem selektiv: Wir sind stets darauf aus, unsere Vorstellungen zu bestätigen. So entstehen Stereotypen.

Ein Beispiel?

Genitalverstümmelung etwa wird von vielen als islamisches Thema wahrgenommen – weil es auch Muslime gibt, die das praktizieren, und Imame, die das islamisch begründen. Ein klassisches Missverständnis. In Wahrheit ist das eine altafrikanische Tradition, die verschiedene Communities jeweils mit ihren Systemen begründen.

Die JournalistInnen sind also schuld an unseren Fehlbildern?

Nein, wir alle. Medienverantwortung richtet sich an MacherInnen und NutzerInnen.

Welche Rolle spielen Bilder?

Ihre zunehmend illustrative Verwendung suggeriert oftmals einen Zusammenhang, den es eigentlich nicht gibt.

Wir übernehmen die Symbolik …

… genau wie es IslamistInnen tun. Das ist das Erschreckende. Wenn es um den Islam geht oder auch nur um Themen, die wir ihm zuordnen, tauchen immer Bilder von Frauen mit Kopftuch auf. Dabei trägt die Mehrheit der Musliminnen gar keines. Es wäre ganz gut, wir nähmen uns der vermeintlich islamischen Themen wieder als allgemeiner Themen an.

Sie werben um Verständnis für solche Missverständnisse.

Wir sollten wissen, dass es sie gibt – aber nicht gleich davon ausgehen, dass das böse Absicht ist. Sonst bin ich blockiert. Das verhindert den normalen, wohlwollenden Umgang. SIM

19 Uhr, Haus der Wissenschaft, Sandstr. 4/5, Eintritt frei