USA empört über Freilassung von 65 Taliban

AFGHANISTAN Gegen die mutmaßlichen Taliban liegen angeblich keine Beweise vor. Sie waren von einer Kommission überprüft worden. Die US-Regierung spricht von „zutiefst bedauerlicher“ Entscheidung

KABUL dpa | Trotz scharfer Proteste Washingtons haben die afghanischen Behörden 65 von den US-Truppen als gefährlich eingestufte Gefangene aus der Haft entlassen. Die Männer verließen am Donnerstagmorgen das Gefängnis in Bagram nördlich von Kabul, wie der Chef der Gefängniskommission (ARB), Abdul Schakor Dadras, sagte.

Die USA hatten gewarnt, die Häftlinge könnten sich wieder den Taliban anschließen. Einige seien mitverantwortlich für Angriffe, bei denen Dutzende Sicherheitskräfte und Zivilisten getötet oder verletzt wurden.

Die US-Truppen hatten Mittwochabend einige Gefangene namentlich benannt und die gegen sie erhobenen Vorwürfe geschildert. Als Beispiel nannten sie etwa Mohammad Wali, der ein mutmaßlicher Sprengstoffexperte der Taliban sei. Biometrische Untersuchungen ließen ihn in Verbindung zu Anschlägen bringen.

Der Streit um insgesamt 88 Häftlinge im Gefängnis in Bagram schwelt seit Wochen und belastet das Verhältnis zwischen Washington und Kabul. Die afghanische Regierung hatte mitgeteilt, Washington habe keine belastbaren Beweise vorgelegt. Die US-Truppen widersprachen dieser Darstellung vehement.

Der afghanische Präsident Hamid Karsai hatte die Freilassungen vor einigen Wochen angeordnet, nachdem afghanische Sicherheitskräfte von den USA die Kontrolle des Gefängnisses übernommen hatten. Bagram sei eine „Taliban-produzierende Fabrik“, in der unschuldige Afghanen so lange gefoltert würden, bis sie ihr Land hassten, erklärte Karsai. Die Freilassung dürfte die gespannten Beziehungen beider Staaten weiter belasten. „Die afghanische Regierung trägt die Verantwortung für die Folgen dieser Entscheidung“, erklärte die US-Botschaft.

Seit Wochen verweigert Karsai zudem die Unterzeichnung eines Abkommens mit den USA, das Voraussetzung für ein internationales militärisches Engagement in Afghanistan nach 2014 sein soll. Bei einem Angriff von Männern in afghanischen Uniformen wurden unterdessen zwei Soldaten der Internationalen Schutztruppe Isaf getötet. Aus afghanischen Behörden hieß es, bei den Opfern des Vorfalls vom Vortag handele es sich um Amerikaner.