Protest mit Picknick

Ein geplanter Riesenstaudamm in Island lockt 100 Gegner aus ganz Europa zum Campen in die mondgleiche Wildnis

EGILSSTADIR taz ■ Rund 100 Staudammgegner aus elf europäischen Ländern haben diese Woche gegen die Fertigstellung des Kárahnjúkar-Staudamms in Island protestiert. Bereits Mitte Juli hatten sie ein Camp in der mondgleichen Geröllwüste nördlich des Vatnajökull-Gletschers erreichtet. Am Dienstagabend endete dieses offiziell, einige Protestler wollen aber weiter ausharren, um die Fertigstellung des Projektes zu verhindern.

Der Damm wäre der höchste Staudamm Europas und wird ausschließlich der Stromversorgung einer ebenfalls im Bau befindlichen Aluminiumschmelze des amerikanischen Alcoa-Konzerns in Ostisland dienen. Ökologen befürchten, das Ausbleiben der von den Staumauern zurückgehaltenen Gletscher-Sedimente werde weite Teile des submarinen atlantischen Ökosystems stören. Zudem gingen große Teile der Naturreservate verloren.

Die gemeinsamen Proteste von ausländischen Aktivisten und isländischen Familien bargen aber Konfliktpotenzial. Denn ziviler Ungehorsam ist in der konfliktarmen isländischen Gesellschaft weitgehend unbekannt. „Ihr geltet schnell als eingereiste Randalierer“, gab ein Mitglied der isländischen Umweltschutzorgansiation Islandsvinnir zu bedenken. „Wenn sich die Einheimischen beteiligen sollen, müssen die Aktionen legal bleiben.“ Ein englischer Umweltschützer sah das anders. „Nur wenn wir offensiv vorgehen, können wir etwas erreichen.“

Am Ende einigte man sich auf die softe Variante, eine gemeinsame friedliche Demonstration der Camper und isländischer Familien auf dem künftigen Seegrund nahe der Baustelle. Das funktionierte, auch chinesische Bauarbeiter kamen hinzu, winken freundlich und fotografieren die Szene. Nach einem Picknick und einem kurzen „Die-in“ zogen sich die Dammgegner wieder aus der Schlucht zurück.

Einen kleinen Erfolg können sie feiern. Schon jetzt ist klar, dass die für September geplante Fertigstellung verschoben werden muss. Die nun fällige Konventionalstrafe und die nächsten Parlamentswahlen sollen das endgültige Aus für den Damm bringen, hofft Islandsvinnir.

CHRISTIAN JAKOB