Streng bewachte Rituale

Das Bremer „Ölzweig-Haus“, Sitz der dortigen Freimaurer-Loge, veranstaltet neuerdings „Tage der offenen Tür“

Wer zu den Freimaurern will, muss sich ins vornehme Schwachhausen begeben, Bremens bestbürgerlichen Stadtteil. An der Kurfürstenallee steht sowohl das schlossähnliche „Logenhaus“ mit seinen humanistisch orientierten Bruderschaften als auch das christliche „Ölzweig-Haus“.

In dessen Windfang weiß man gleich, woran man ist: Ein Schaukasten präsentiert mit Spachtel und Hämmerchen diverses Freimaurer-Zubehör, außerdem hängt hier die Hausordnung. „Die Ritualräume müssen nach jeder Arbeit sofort aufgeräumt werden“, steht da. Klingt das nicht nach geheimnisvollen Opferorgien? Irgendwelche Geheimnisse wird es schon geben.

Der Mann, der sie den Besuchern erläutern wird, heißt Dieter Bartkowiak und ist ein weit gereister Schiffsingenieur, an dessen Fingern mit Symbolen übersäte Goldringe glitzern. Gleich zu Beginn führt er ins „Meisterzimmer“. Ein dunkel getäfelter Raum, in dem sich die Bildergalerie fast aller Johannis-Logenmeister seit 1788 befindet. Immer in auch heute noch vorgeschriebener Kleidung – dem schwarzen Anzug, sowie, hin und wieder, Frack und Zylinder. Letzterer symbolisiert, so Bartkowiak, den „freien Mann“.

Und wie ist das mit den Frauen? Gibt es – wenn auch nicht Gestalt von Freimaurerinnen. Im Haus tagt allerdings die „Maria-Loge“. Frau Kirchner, die ihr angehört, erzählt: Gründung 1916 in Skandinavien als „geheimer Frauenorden“; das Motto: „Erkenne dich selbst!“. Und weiter: „Wir sind natürlich keine Freimauer“, deren „Symbolik-Gedöns“ sei sowieso nur was für Männer.

Schnell in den Festsaal. Zwei Kronleuchter hängen unter der verspiegelten Decke, rohseidene Vorhänge flattern. Hier findet „der zweite Teil der Arbeit“ statt, erklärt Bartkowiak: das Essen, stets streng ritualisiert.

142 Brüder zählt die Bremer Johannis-Loge, was sie zur größten der Stadt macht. Willkommen seien Männer ab 25 Jahren. „Wenn jetzt allerdings ein Arbeitsloser kommt“, schränkt Bartkowiak ein, „müssen wir ihm sagen: Das ist nicht der richtige Ort für Dich.“ Schließlich seien die Freimauer diejenigen, von denen soziale und finanzielle Unterstützung ausgehe, nicht umgekehrt.

Der Tempel, im Obergeschoss des Hauses gelegen, ist denn auch mit blauem Samt ausgeschlagen, „Lehrlinge“, „Gesellen“ und der „Meister“ haben getrennte Sitzreihen, in der Mitte stehen drei griechische Säulen. An den Stühlen finden sich kleine Haken. „Da werden die Schwerter hingehängt“, erklärt Bartkowiak. Die brauchen die Wachhabenden, da sich in das Ritual kein „Profaner“ einschleichen dürfe.

Apropos profan: Ob es in der Loge auch „echte“ Maurer gibt? Der einzige Maurer im handwerklichen Sinn ist unlängst verstorben, entnimmt Dieter Bartkowiak seiner Kartei, „der Kranführer auch“. Aber es gebe noch etliche Steinmetze. Und deren mittelalterliche Bauhütten gelten als Ursprung aller Freimaurerei.

Dies ist der erste „Tag der offenen Tür“ in der 218-jährigen Geschichte der Bremer Loge. Man will das Geheimnistuer-Image los werden. Tatsächlich wird überall bereitwillig Auskunft gegeben – nur ein Raum bleibt tabu. „In das ,Kapitel‘ zu gehen würde zu weit gehen“, erklärt ein altgedientes Logen-Mitglied, „da war ja selbst ich noch nicht drin.“

HENNING BLEYL

Weitere Tage der offenen Tür (jeweils zwischen 11 und 18 Uhr): Ölzweig-Haus, Kurfürstenallee 8: 19. 8., 16. 9., 21. 10.Logenhaus, Kurfürstenallee 15: 5. 8., 23. 9., 7. 10. Logenhaus Bremen-Vegesack, Weserstr. 7: 3. 9.Logenhaus Bremerhaven, Lange Straße 147: 18. 9. Das Logenhaus Delmenhorst, Wittekindstraße 9, lässt sich am 21. 9. um 20 Uhr besichtigen