… JOSEPH GOEBBELS?
: Endlich seine Ehre verlieren

Der Mensch ist vergesslich, und nicht immer fällt es ihm leicht, alle sieben Sachen fein beieinander zu halten. Besonders das ordentliche Wegheften von wichtige Dokumenten ist ihm allzu oft ein Graus. So auch in Teltow. Hier wurde schlichtweg vergessen, dass es statt einer dokumentierten Ehrenbürgerschaft auch noch fünf weitere gibt, die die Stadt von der Kaiserzeit bis zum Jahr 1975 vergeben hat. Zwar munkelte man, dass ein hochrangiger Nazi darunter sein könnte, aber was tratschen die Leute nicht alles übern Gartenzaun.

So dauerte es, bis die „Arbeitsgemeinschaft Ehrenbürger“ sich auf die Suche nach Gewissheit, nach ordentlichen Urkunden also, machte. Diese Dokumente fehlten nämlich im Stadtarchiv. Wie die Potsdamer Neuesten Nachrichten berichten, fanden die Historiker aber einen Zeitungsartikel aus dem Teltower Kreisblatt von 1936 und einen Beschluss der Stadtverordneten. Aus welchem ersichtlich wird: Unter den vergessenen Ehrenbürgern sind Ex-NSDAP-Gauleiter Wilhelm Kube und der damalige Propagandaminister Joseph Goebbels himself.

Bei der Suche fanden die Historiker auch eine Tagebuchaufzeichnung des Obernazis, die zeigt, dass die Stadtobersten eben nur gut beschwatzt werden müssen, um zu handeln. „Heute Abend in Teltow. Ein überfüllter Saal“, schrieb Goebbels 1927. „Ich habe gesprochen wie selten. Unsere Leute haben gequiekt vor Vergnügen.“ 1936 überreichte die Stadt Teltow Goebbels die Ehrenurkunde, zusammen mit Teltower Rübchen.

Und während Goebbels längst die Rüben von unten betrachtet, ist Kraut über die Sache gewachsen. Bürgermeister Thomas Schmidt bedauert, „dass sich niemand eher darum gekümmert hat“. Die unrühmliche Besetzung der Ehrenbürgerliste sei eine „Wissenslücke“ gewesen. Knapp 70 Jahre vergingen, bis diese Lücke geschlossen wurde und Goebbels nun die Ehrenbürgerschaft entzogen ist. JUNE F.: Archiv