Was der Fuck

NOTFALLDEUTSCH Der britische Komiker Eddie Izzard ist ein Großmeister des absurden Humors – und universell. Im Imperial Club nimmt er die Herausforderung an und zeigt, dass das auch auf Deutsch funktionieren kann

„Es ist in meinem Gedächtnis, aber außerhalb meiner Fähigkeiten“

EDDIE IZZARD ÜBER SEINE BESONDERE BEZIEHUNG ZUR DEUTSCHEN SPRACHE

VON HEINRICH DUBEL

„Es ist Dienstag. Was der Fuck?“ Mit diesen Worten beginnt Eddie Izzard sein Programm „Force Majeure“ (Höhere Gewalt). Die Bühne im Imperial Club an der Friedrichstraße ist nackt, es gibt nicht die geringste Dekoration, nicht einmal einen Mikrofonständer.

Auch Izzard, der eigentlich weltberühmte, in Deutschland jedoch weitgehend unbekannte britische Komödiant, ist underdressed. Er kommt in Jeans und Winterstiefeln auf die Bühne, was am Berliner Winter liegen mag. Denn eigentlich bevorzugt Izzard, der sich als heterosexueller Transvestit und männliche Lesbe bezeichnet, prächtige und extravagante Bühnenkleidung samt Schuhen mit hohen Absätzen.

Immerhin trägt er grell lackierte falsche Nägel und ein elegantes Jackett, mit dem allerdings etwas nicht stimmt. „Es stimmt etwas nicht mit dem blöden Lining“, schimpft Izzard, während er es – was immer es sein mag – durch Gefummel zu beheben versucht.

Was Eddie Izzard sich für seinen Auftritt in Berlin überlegt hat, klingt fast schon bescheuert. Er bestreitet sein Programm auf Deutsch – eine Stunde Stand-up-Comedy in einer Sprache, die er nur rudimentär beherrscht.

Die Erzählung, wie es zu dieser Idee kam, welche Schwierigkeiten es zu bewältigen galt, wie die Übersetzung von Pointen funktioniert (oder auch nicht), ist Teil des Programms: Bei einem Urlaub in Griechenland, im Gewirr der Stimmen von unterschiedliche Sprachen sprechender Menschen, befiel ihn die Vorstellung von „Spaß ohne Grenzen statt Grenzen ohne Spaß“. „Ich wollte andere Nationen nicht erobern, sondern infiltrieren“, sagt er. Zusammen mit seinem Bruder Mark, der offenbar sehr gut Deutsch spricht, übersetzte er das Programm, mit dem er seit Mitte Januar in Berlin gastiert.

Hangeln von Wort zu Wort

Izzard ist Dyslexiker, hat also eine Schreib- und Leseschwäche, und arbeitet normalerweise ohne Skript, weil er jeden Satz, jede Pointe sowieso im Kopf hat. Das deutsche Skript musste er auswendig lernen. Auf der Bühne hangelt er sich von Wort zu Wort, von Satz zu Satz: „Es ist in meinem Gedächtnis, aber außerhalb meiner Fähigkeiten.“

An der Seite der Bühne sitzt Dani, die Souffleuse, die ihm Zeilen vorsagt, wenn er mal steckenbleibt. So unwitzig das hier in der Beschreibung klingen mag – es funktioniert sehr gut.

Denn Eddie Izzard ist lustig. Sein Humor, seine Pointen funktionieren universell. Bereits die Anstrengung, in einer anderen als seiner Muttersprache zu sprechen, ist eminent lustig, bietet ständig Möglichkeiten zur Improvisation, ebenso die Fehler, die er macht, wenn er etwa vergossen sagt statt vergessen, oder wenn er über das humoristische Potenzial ähnlich klingender Wörter verschiedener Sprachen spekuliert.

Neben immer wiederkehrenden Stimmenimitationen (Sean Connery, Gott und ein gewisser Steve – im Laufe der Show füllt sich die Bühne mit fiktiven Charakteren, die von Izzard angesprochen oder verkörpert werden) kommuniziert Izzard durch Geräusche, Grunzen, Brummen, durch gemurmelte Satzfetzen und auch in Fantasiesprachen. Das ist albern in einer Weise, die bei den Monty Pythons gerne silly genannt wurde, was zwar auch mit dumm übersetzt werden kann, genau das jedoch nicht ist. John Cleese nannte Izzard anlässlich einer Preisverleihung mal „den verlorenen Monty Python“.

Eddie Izzard ist Großmeister eines absurden, surrealistischen Humors, der ebenso universalistisch wie selbstreferenziell ist. Alles wird ihm zum Objekt einer Pointe, einschließlich der eigenen Pointen. Inhaltlich holt er weit aus. Er ist Geschichtsfreak. „Wenn König Karl der Erste wirklich von Gott erwählt worden war, dann hätten sie ihn wohl kaum köpfen können. Das war 1649, ist also ein sehr alter Witz …“

Die Vorstellungen im Imperial Club variieren stark von Abend zu Abend. Einerseits fallen die Improvisationen jedes Mal unterschiedlich aus („Note an mich selbst. Dies ist kein Dienstagswitz.“), andererseits wird Izzards Beherrschung der deutschen Sprache und damit seines Materials immer besser. Am Anfang dauerte das Programm knapp 40 Minuten, nach zwei Wochen bereits über eine Stunde. Der Dienstag ist ein besonderer Tag, weil der Montag spielfrei ist. „Dienstag habe ich sehr viel vergessen, muss häufiger nachfragen als an anderen Tagen.“

Das Programm „Force Majeure“, das er bereits vor 2.000 Leuten im Londener Apollo-Theater und in Paris (Izzard spricht fließend Französisch) gegeben hat, soll weiter auf Europatournee gehen. Izzard will dazu Russisch und Spanisch lernen, doch erst wenn es so weit ist. Zunächst bleibt er jedoch in Berlin, spricht weiter sein „Notfalldeutsch“ und fährt mit seinem Bruder stundenlang mit der Ringbahn, weil das Wetter zum Spazierengehen zu schlecht ist. Das Engagement im Imperial Club wurde soeben bis Ende Februar verlängert.

■ „Force Majeure“, bis 28. Februar im Imperial Club im Admiralspalast, Friedrichstr. 101, 22 Euro, Info: quatsch-comedy-club.de