Teilerfolg für die Blockierer

THAILAND Inmitten der politischen Krise haben die Thailänder über ein neues Parlament abgestimmt. Doch etliche Wahllokale in Bangkok sowie im Süden blieben geschlossen

„Das Wichtigste ist, dass wir unser Stimmrecht in Anspruch nehmen können“

APOTHEKER JAIDEE

AUS BANGKOK NICOLAS GLASS

In der Wahlstation am Bangkoker Lumpini-Park gab es am Sonntagmorgen viele lange Gesichter: Der Innenhof war voll mit Wählern, doch die waren zum Warten verdammt: Weil 29 Helfer nicht aufgetaucht waren, musste die Wahlleiterin neue Freiwillige organisieren – was dann auch gelang; das Wahllokal öffnete mit einer Stunde Verspätung. „Wenigstens können wir nun wählen“, so der Apotheker Ruangdej Jaidee, der mit seiner Frau hergekommen war. „Egal wie lange es heute dauert, das Wichtigste ist, dass wir unser Stimmrecht in Anspruch nehmen können.“

Letzteres ist angesichts des politischen Konflikts alles andere als selbstverständlich. In mehreren Bezirken Bangkoks kam es wegen der Blockaden durch Regierungsgegner zu tumultartigen Szenen. Nach Angaben der Wahlkommission konnten 488 von mehr als 6.000 Wahllokalen in Bangkok nicht öffnen. Den Süden Thailands traf es noch härter: Dort hat in neun Provinzen überhaupt keine Abstimmung stattgefunden, weil Anhänger der oppositionellen Protestbewegung Gebäude umstellt hatten, von denen aus Stimmzettel und Wahlurnen ausgeliefert werden sollten.

Dass es im Süden, einer Hochburg der Opposition, die meisten Probleme geben dürfte, hatte sich bereits Ende Dezember abgezeichnet: Damals hatte sich eine Reihe von Kandidaten in 28 Wahlbezirken aufgrund der aggressiven Blockadestrategie gar nicht erst registrieren können. Premierministerin Yingluck Shinawatra, die den Wählern dankte, zeigte sich am Sonntag dennoch zufrieden: Viele Wahllokale hätten öffnen können.

Seit Beginn der Proteste gegen die Yingluck-Regierung im November hatten deren Gegner klargemacht, dass sie an Neuwahlen nicht interessiert seien, sondern alles daran setzen würden, um die Abstimmung am 2. Februar zu sabotieren. Angeführt wird die Protestbewegung von Suthep Thaugsuban, einem Exparlamentarier der oppositionellen Demokratischen Partei. Die Demonstranten halten Premierministerin Yingluck für eine Marionette ihre Bruders Thaksin Shinawatra, der als Regierungschef 2006 vom Militär gestürzt worden war. Zudem haben Suthep und seine Anhänger deutlich gemacht, dass es ihnen nicht allein um den Sturz Yinglucks geht, sondern darum, das ganze „Thaksin-Regime“ zu beseitigen.

Seitdem wurden im Zuge wiederholter Gewalt mindestens zehn Menschen getötet und mehr als 500 verletzt. Erst am Samstag war es an einer Straßenkreuzung im Norden Bangkoks zu Ausschreitungen zwischen Gegnern und Anhängern der Regierung gekommen, in deren Folge mindestens sechs Menschen verletzt worden waren.

Derzeit ist nur eines klar: Die politische Dauerkrise wird bestehen bleiben, sich sogar noch verschärfen. Wegen der Wahlsabotage durch Sutheps Protestbewegung muss Thailands Wahlkommission, von der Kritiker mutmaßen, dass sie mit den Regierungsgegnern im Bunde ist, mehrere Nachwahlen ansetzen. Denn ohne diese kann das Parlament, das ein Quorum von mindestens 95 Prozent gewählter Abgeordneter aufweisen muss, nicht zu einer konstituierenden Sitzung zusammen kommen.

Doch die erste Nachwahl ist erst für den 23. Februar geplant. Bis dahin kann viel passieren. Zumal Thailands oppositionelle Demokratische Partei, die im Dezember einen Wahlboykott angekündigt hatte, am Sonntagabend erklärte, sie werde eine Petition beim Verfassungsgericht einreichen, um den Urnengang wegen Unregelmäßigkeiten annullieren zu lassen. Zeitgleich kündigte Protestführer Suthep für Montag einen weiteren Protestmarsch durch Bangkok an.