Koalition zerbricht am Streit über die neue Energiepolitik

DÄNEMARK Sozialisten verlassen Dreierkoalition. Sie könnten aber eine Minderheitsregierung dulden

Die Sozialdemokraten könnten jetzt mit den liberalen „Radikalen“ weiterregieren

VON REINHARD WOLFF

STOCKHOLM taz | Dänemarks Regierung ist am Donnerstag am Streit über die künftige Energiepolitik zerbrochen. Die Sozialisten (Socialistisk folkeparti, SF) schieden aus der rot-rot-gelben Koalition aus und zogen ihre sechs MinisterInnen zurück. Gleichzeitig legte die SF-Vorsitzende Annette Vilhelmsen ihr Amt nieder. Die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt kündigte an, mit den liberalen „Radikalen“ weiterregieren zu wollen.

Dem Austritt der Sozialisten war ein langer Streit um das Schicksal des Energiekonzerns Dong vorausgegangen. Eine Mehrheit in Regierung und Parlament will ein Fünftel des staatlichen Aktienbesitzes verkaufen, um die Kapitalbasis des Staatskonzerns zu festigen. Es gab zwei Interessenten für das Aktienpaket: Rentenkassen der dänischen Gewerkschaften und die US-Investmentbank Goldman Sachs. Das sozialdemokratische Finanzministerium entschied sich wegen des besseren Angebots für Goldman Sachs.

Mit dem Dong-Verkauf würde der dänische Staat allerdings seine ausschließliche Kontrolle über große Teile der dänischen Energieinfrastruktur – so das Verteilungsnetz für Erdgas – verlieren. Statt einer langfristigen Umstellung der Energieproduktion werde mit dem Einstieg einer Investmentbank nun der Druck hin zu kurzsichtigem Wachstum und schnellen Gewinnen wachsen, kritisierten mehrere Energieforscher. Und das könne die „grüne Umstellung“ Dänemarks ernsthaft gefährden.

Zu einer Koalitionsfrage wurde der viel kritisierte Deal, als sich am Donnerstag bei einer Probeabstimmung abzeichnete, dass Teile der sozialistischen Fraktion nicht bereit waren, den Verkauf abzusegnen. Dabei war der Dong-Deal allerdings nur der letzte Anlass, der zum Bruch führte. Seit sie sich im Herbst 2011 an der Regierungskoalition von Thorning-Schmidt beteiligen, mussten die Sozialisten ein ums andere Mal erleben, wie sie bei ihren politischen Kernanliegen überstimmt wurden. So waren sie gezwungen, Steuersenkungen für Unternehmen mitzutragen, die mit Kürzungen von Sozialleistungen gegenfinanziert wurden, und scheiterten mit vielen umweltpolitischen Vorstößen, wie einer Straßenmaut in Kopenhagen. Ihr Rückhalt in der Wählergunst sank dramatisch ab.

Ihr Rückzug aus der Regierung wird aber vermutlich nicht bedeuten, dass die Sozialisten – trotz all ihrer bisherigen Differenzen – die jetzige Regierung nicht weiterhin parlamentarisch unterstützen werden. In dem Fall könnte Thorning-Schmidts Minderheitskoalition tatsächlich bis zu den Wahlen im kommenden Jahr weiterregieren.