Freiburg verkauft

Gemeinderat will über 7.000 Wohnungen auf den Markt bringen. Bürger dürfen aber noch darüber abstimmen

FREIBURG taz ■ Dresden hat bereits seinen gesamten Wohnungsbestand verkauft, Freiburg will nun nachziehen. Der Gemeinderat beschloss am späten Dienstagabend, seine städtische Wohnungsgesellschaft Stadtbau GmbH bis auf eine Minderheitsbeteiligung abgeben. Der ursprünglich geplante Komplettverkauf, wie ihn der grüne Oberbürgermeister Dieter Salomon propagiert hatte, war jedoch zuletzt noch entschärft worden: So will die Stadt nur 94,9 Prozent der Gesellschaft mit ihren 7 900 Wohnungen verkaufen. Außerdem sollen 1.000 Wohnungen weiterhin im städtischen Eigentum bleiben. Potenzielle Käufer sind Wohnungsgenossenschaften, die landeseigene Entwicklungsgesellschaft LEG und Finanzinvestoren wie der Investmentfonds Fortress, der im Februar 48.000 Wohnungen in Dresden gekauft hatte.

Mindestens 510 Millionen Euro hofft Salomon durch den Verkauf zu erlösen. Das würde ausreichen, um die Schulden der Stadt komplett zu tilgen und zudem 26 Millionen Euro an Zinsen jährlich zu sparen. Getragen wurde die Entscheidung für den Verkauf von den Fraktionen Junges Freiburg/Die Grünen, der CDU und den Freien Wählern. Gegen den Verkauf sprachen sich die SPD, die FDP und die unabhängigen Listen aus.

Während die Befürworter von einer „bitteren, aber alternativlosen Entscheidung“ sprechen, warnt die Bürgerinitiative „Wohnen ist Menschenrecht“ davor, dass „ohne Konkurrenz von günstigen Wohnungen sich die Mieten, und damit auch die Immobilienpreise, nach oben schaukeln werden.“ Die Stadt brauche eigene Wohnungen als „sozialpolitische Steuerungsinstrumente“. Der Oberbürgermeister hingegen versichert, die Stadt werde mit einer Sozialcharta den Schutz der Mieter gewährleisten. Man werde verhindern, dass die Mieten über das Niveau des Mietspiegels hinaus steigen. Zudem werde der Investor die 160 Beschäftigten der Stadtbau übernehmen müssen.

Das letzte Wort haben nun die Freiburger in einem Bürgerentscheid am 12. November. Diesen hatte die Bürgerinitiative mit der Sammlung von fast 24.000 möglich gemacht. Die Fragestellung des Bürgerentscheids, um deren genauen Wortlaut es eine heftige Debatte gegeben hatte, wird heißen: „Sind Sie dafür, dass die Stadt Freiburg Eigentümerin der Freiburger Stadtbau GmbH und der städtischen Wohnungen bleibt?“ Das Ergebnis des Bürgerentscheids ist nach dem baden-württembergischen Kommunalrecht für die Stadt bindend, sobald sich die Abstimmungsmehrheit auf mindestens 25 Prozent der Stimmberechtigten stützen kann. Wird das erforderliche Quorum nicht erreicht, liegt die Entscheidung allein in den Händen des Gemeinderats.

BERNWARD JANZING