berliner szenen Alles voller Prominenter

Spandauer Vorstadt

Samstag, Neue Schönhauser Allee, beim Vietnamesen. Über den Vorplatz geht ein schwarz gekleideter Herr mit weißem Hemd und bleichem Gesicht. „Schau mal, der Blixa B.“, sage ich zu meiner Begleiterin. „Der ist aber fett geworden“, meint sie. Ich erinnere mich daran, dass man schon vor zehn Jahren derart über den Musiker und Liebling der Hochkultur lästerte, der nun eher wieder schlanker, vor allem gesünder aussieht. Außerdem bekommt jeder ab einem gewissen Alter eine gewisse Gesichtsbreite.

Sonntag, selbe Straße, diesmal im Frühstückscafé. Am Nebentisch der knuddelige Daniel B. (Schauspieler). Er redet mit seinem Tischpartner über Wohnungseinrichtungen und über Steingärten, wie B. ihn offensichtlich in seiner zukünftigen Wohnung plant. Was soll der Arme jetzt auch anderes tun, wo er seine Zeit ohne die aparte Jessica S. (Schauspielerin) verbringen muss? Blixa hat in Daniels Alter unter einer Autobahnbrücke sein Debütalbum „Kollaps“ aufgenommen. Ich weiß aber nicht, ob das auch so ’ne Übersprungshandlung war.

Montag, Apotheke, Rosenthaler Platz. An der Kasse liegt eine Unterschriftenliste aus, für ein von Wim W. (Regisseur) mitinitiiertes Bürgerbegehren, in dem eine Verkehrsberuhigung der Torstraße gefordert wird. Köstlich! Beim Lesen des Beruhigungsbegehrens muss ich schmunzeln und mich an mein Beleuchterpraktikum Mitte der 90er erinnern, in der Teile der Filmcrew eben erwähnten W. mal als „alte Schlaftablette“ bezeichneten. Lieber W., gerade wird die gesamte Spandauer Vorstadt zu verkehrsberuhigten 10er- und 30er-Zonen. Wo, wenn nicht durch die Torstraße, soll denn der deutsche Prominentenverkehr noch durch? RAN HUBER