KOMMENTAR: GERNOT KNÖDLER ÜBER DIE „MEDIENCHARTA“
: Ab damit in den Papierkorb

Sprachregeln für alles und jedes sind das, was dem Journalismus am wenigsten fehlt

Aygül Özkans „Mediencharta“ mag gut gemeint sein und auf Freiwilligkeit basieren. Trotzdem sollte die niedersächsische CDU-Sozialministerin ihren geplanten Berichterstattungskodex im Papierkorb verschwinden lassen. Sie ist mit der Rolle der Presse in einem demokratischen Rechtsstaat unvereinbar.

Dass die Pressefreiheit im Grundgesetz garantiert ist, dass die Medien die anderen Gewalten im Staat überwachen sollen – geschenkt! Einen weiter gehenden Anspruch an das Metier hat Hans-Joachim Friedrichs, der große Fernsehjournalist, formuliert: „Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache.“

Journalisten sollen berichten, was ist. Das ist zwar ein Ding der Unmöglichkeit, aber sie sollten sich diesem Anspruch stellen. Wer verzerrt berichtet, führt die Gesellschaft, der er dienen soll, auf Irrwege. Das Gute-Wahre-Schöne mag sich ändern und hat Menschen oft schon in die finstersten Abgründe geführt, wie uns das vergangene Jahrhundert der großen Ideologien lehrt.

Sprachregelungen für alles und jedes sind das, was dem deutschen Journalismus am wenigsten fehlt: von „Migrationshintergrund“ über „Wohneinheiten“ bis zu „sexualisierter Gewalt“ gibt es genug, was die Nackenhaare sträubt. Die „Mediencharta“ hat gerade noch gefehlt.

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