In den Sarg gekotzt

KRIEGSENDE „Flexibles Flimmern“ zeigt in der St. Nikolai-Kirche Rossellinis „Germania anno zero“

Ausdrücklich keine Anklage und auch keine Verteidigung des deutschen Volkes, sondern eine sachliche Bestandsaufnahme der Tatsachen wollte der italienische neorealistische Regisseur Roberto Rossellini mit seinem Film „Germania anno zero“ 1948 vorlegen. Rossellini erzählt die Geschichte des 12-jährigen Edmund, der sich im Nachkriegsdeutschland um den Lebensunterhalt seiner Familie kümmern muss – ein von Hunger und Überlebenskampf geprägtes Leben im zerbombten Berlin, das schließlich zum Mord am eigenen Vater und zum Selbstmord des Jungen führt. Das Bild, das Rossellini dabei von den Verhältnissen im Nachkriegsberlin zeichnet, ist düster und hoffnungslos.

In Deutschland gezeigt wurde der auf dem Internationalen Filmfest in Locarno als bester Film mit dem Großen Preis ausgezeichnete Streifen selten, als beispielhaft für die ablehnende Haltung dem Film gegenüber gilt bis heute Hans Habes Resümee 1949 in der Süddeutschen Zeitung: „Rossellini pflückt in diesem Film nicht Blumen vom Grab einer Nation, er erbricht sich in den Sarg.“ Noch mal werde einem geschlagenen Volk der Garaus gemacht.

Von Mittwoch bis nächsten Samstag zeigt das mobile Kino „Flexibles Flimmern“ Rossellinis Film zum Abschluss seiner Reihe zum 65. Jahrestag der deutschen Kapitulation auf dem Turm der 1943 während der Operation Gomorrha zerstörten St. Nikolai-Kirche. Plätze reservieren kann man sich mit einer E-Mail an holgerkraus@flexiblesflimmern.de. MATT

■ Mi, 28. 7. bis Sa, 31. 7., 21 Uhr, Mahnmal St. Nikolai, Willy-Brandt-Straße 60; www.flexiblesflimmern.de