DIE GESELLSCHAFTSKRITIK
: Jaja, nackte Haut im Sommer

WAS SAGT UNS DAS? Die Hitze zeigt, wer hier in Wahrheit benachteiligt ist: der Mann

Man kann sich darauf verlassen: Immer dann, wenn im Sommer das Thermometer die 30-Grad-Marke überklettert, kommen die Ästheten aus ihren Löchern und schreiben die Feuilletons voll mit ihren Forderungen nach der züchtigen Verhüllung des Mannes oder doch immerhin seiner Beine, mindestens aber seiner Füße. Es ist, als herrsche in unserer Kultur ein Konsens darüber, was Männer zeigen dürfen – und was nicht.

Frauen freilich dürfen zeigen, was sie wollen. Wird immer gern gesehen. Auch wartet die Damenmode mit zahllosen Vorschlägen auf, wie frau sich sommers kleiden könnte. Bei Männern gibt es ab einer gewissen Temperatur eigentlich nur eine „Lösung“, die selbst den Stilbewusstesten in die Hampelmannhaftigkeit treibt: Sandalen, wahlweise auch Flip-Flops, kurze Hosen, T-Shirt. Das war’s. Gut sieht darin eigentlich kaum jemand aus. Eher wie ein Tourist, den’s in die Großstadt verschlagen hat. Genau genommen gibt es nur ein Kleidungsstück für Männer, das der Hitze trotzt: die aus Arabien stammende blütenweiße Dishdasha, die man sich obenrum als korrektes Hemd vorstellen muss, das bis hinunter zu den Knöcheln einfach nicht aufhört. Leider sieht der Mann darin stets aus, als inspiziere er seine Ölquellen. Bis also auch hierzulande die Scharia gilt, sollten Männer ihre Beine zeigen dürfen. Ich mute anderen Menschen mein Gesicht zu, da werden sie ja wohl auch meine Waden ertragen. Füße wiederum stehen auf einem anderen Blatt …

Wenn es etwas gibt, das bei der obwaltenden Hitze verboten gehört, dann das geschlechtsneutrale Zurschaustellen verwaschener Tätowierungen. Und, natürlich, barfuß Bongo spielende Frauen im Park. FRA