Gegenseitig verpflichtet

Hessen: Wer bei der Prüfung durchfällt, muss warten

WIESBADEN taz ■ Das hessische Kultusministerium hat schon 2002 mit neunmonatigen so genannten Vorlaufkursen an Grundschulen und Kindergärten begonnen. Die Sprachkompetenz der Kinder wird ein Jahr vor Schuleintritt getestet. Dafür verpflichtet sich das Land, alle Kinder mit Defiziten in freiwilligen Sprachkursen zu fördern. Fast alle Eltern nahmen das Angebot an. Kinder, die bei Schulbeginn durch die dann vorgeschriebene Sprachprüfung fallen, werden zurückgestellt und müssen Pflicht-Deutschkurse besuchen.

In Hessen nahmen in den bisher vier Schuljahren 22.000 Kinder an den Vorlaufkursen teil. 2006 waren es 6.000, davon 500 aus deutschen Elternhäusern. Dafür hat Hessen insgesamt 50 Millionen Euro bereitgestellt. Die Landesregierung wertete das Programm in dieser Woche als großen Erfolg. Die Zahl der Sitzenbleiber an den Grundschulen habe sich signifikant verringert.

Der Vorlauf wird durch schulbegleitende Programme ergänzt. Selbst die SPD-Opposition lobte das „wohlklingende Programm“ der Ministerin ansatzweise. Sie forderte allerdings statt der Vorlaufkurse „ein obligatorisches Vorschuljahr“ und „vor allem auch die Flexibilisierung des Schulanfangs“. Nur so sei individuelle Förderung möglich. Außerdem sei eine Strukturreform des gesamten Schulwesens notwendig. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hatte schon im Vorfeld gerügt, die Zurückstellung von Kindern vom Unterricht „ausschließlich auf Grund mangelnder deutscher Sprachkenntnisse“ sei „Ausgrenzung statt Integration“, diskriminierend und „ein Bruch im Leben eines Kindes“. HEIDE PLATEN