„Eigenheimzulage“ auf türkisch

Eine Wüstenrot-Filiale in Hamburg-Altona hilft Türken die Sprachbarriere beim Bausparen zu überwinden. Viele von ihnen investieren mittlerweile lieber in Deutschland als in der alten Heimat

von Mathias Becker

Mit einem Griff hinter seinen Schreibtisch zaubert Șükrü Aktoprak seine Gitarre hervor und haut in die Saiten. Einen spanischen Paso Doble spielt er, und in der gleichen Sekunde vergisst er das Hier und Jetzt: Sein Reise- und Bausparbüro an der Bahrenfelder Straße in Hamburg-Altona, seinen Schreibtisch voller Kataloge und Broschüren und das minutenlang klingelnde Telefon. All das muss jetzt warten. Jetzt spielt Aktoprak Gitarre – wie früher.

1965 kam er aus der Türkei nach Deutschland, und schlug sich zunächst als Musiker durch. Dann entdeckte ihn der Bühnendirektor des türkischen Casinos „Efes“ in der Bahrenfelder Straße, und fortan spielte Aktoprak hier. Fotos an den Wänden seines Büros zeugen noch heute von dieser Zeit.

1974 dann rückte die Klampfe in den Hintergrund. „Ich musste an meine Familie denken“, begründet er seine Entscheidung, die Musik nur noch als Hobby auszuüben. Und sein Brot beim Reisebüro „Öger“ zu verdienen. Er machte sich gut, und kurze Zeit später verkaufte er Reisen und Versicherungen auf eigene Rechnung – in der Bahrenfelder Straße, nur wenige Meter von seiner alten Bühne entfernt.

Hier kam er auf eine Idee, die damals mindestens revolutionär war in Deutschland: Eine Bausparkassen-Filiale für Türken. „Früher haben alle Türken ihr Geld ausschließlich in der Heimat investiert“, erzählt er. Schließlich hätten die Gastarbeiter früher mit dem Gefühl gelebt, morgen wieder zurückzugehen – oder gehen zu müssen. Schließlich baut man in der Türkei günstiger. „Für 100.000 Euro bekommt man hier eine Wohnung, in der der Türkei schon ein schönes Haus.“

Doch mit der Zeit stellten die Türken in Deutschland fest, wie schwer es ist, Immobilien über die Distanz zu verwalten. „Die hatten ständig Stress mit Mietern und Behörden“, erzählt Aktoprak.

Hinzu kam, dass die Kinder und Kindeskinder der ersten Einwanderergeneration gar kein Interesse an den Objekten hinterm Bosporus hatten. Und viele Migranten der ersten Generation standen schon so zwischen den Kulturen, dass es Ihnen schwer fällt, ihren Lebensabend an einem Ort zu verbringen. „Die wollen sechs Monate hier sein, und sechs Monate in der Türkei“, weiß Aktoprak.

Also fing man an, in Deutschland zu bauen und zu kaufen. Ohne zu wissen, was „Eigenheimzulage“ oder „vermögenswirksame Leistungen“ sind. Bis Aktoprak kam. Der hatte sich inzwischen bei der Hamburg-Mannheimer zum Bauspar- und Finanzfachmann ausbilden lassen. Und übernahm 1999 mit dem Wüstenrot-Büro in Altona 1.200 Kunden. 1.600 Verträge laufen heute über sein kleines Büro.

Reisen und Versicherungen verkauft er auch heute noch. Und das bisweilen an alte Bekannte: Während Aktoprak gerade seinen spanischen Tanz spielt, kommt sein Förderer von damals in den Laden. Der ehemalige Bühnendirektor aus dem „Efes“. „Vielleicht kriege ich meine Reise hier etwas günstiger“, sagt er und lacht.