FDP-Stiftung Villa Lessing im Zwielicht

STRAFANZEIGE Ausgerechnet der FDP-Fraktionschef im Saarland zeigt elf Personen aus dem Stiftungsumkreis an. Sie sollen Reisen und Honorare falsch abgerechnet haben. SPD nennt Zustand der FDP „erschütternd“

Freidemokraten im Saarland sprechen von einem „politischem Amoklauf“

SAARBRÜCKEN taz | Horst Hinschberger ist Fraktionschef der FDP im Landtag des Saarlands und Geschäftsführer des Schützenvereins „Big Bore“, auf Deutsch: großes Kaliber. Jetzt tritt er zum Showdown gegen seine Parteifreunde an. Hinschberger erstattete Strafanzeige gegen elf Personen aus dem Umfeld der liberalen Stiftung Villa Lessing mit Sitz in Saarbrücken. Ihnen wirft er vor, Reisen und Seminare nicht korrekt abgerechnet, Scheinwerkverträge abgeschlossen und Honorare unrechtmäßig ausgezahlt zu haben.

Zu den Beschuldigten gehören der frühere Vorsitzende der FDP Saar, Horst Rehberger, der Wirtschaftsminister im Saarland und in Sachsen-Anhalt war, und auch der Ehrenvorsitzende der Landes-FDP, Werner Klumpp. Rehberger ist Vorstandschef der Villa Lessing und Klumpp der Chef des Kuratorium der Stiftung, die sich laut Satzung „der Förderung der demokratischen staatsbürgerlichen Bildung sowie der Wissenschaft, Forschung und Kultur auf liberaler Grundlage“ verschrieben hat.

Darüber hinaus richtet sich die Strafanzeige gegen Friederike von Rechenberg, die 2009 von ihrem Amt als Geschäftführerin beim Vorstand der Villa Lessing zurücktrat, und gegen den Generalsekretär der FDP in Nordrhein-Westfalen (NRW), Joachim Stamp. Im Fall von Stamp gehe es um „Untreue oder Betrug“, wie die Saarbrücker Zeitung erfahren haben will. Der Vorzeigeliberale soll Gelder aus einem Projekt- und Darlehensvertrag mit der Villa Lessing „zweckwidrig“ verwendet haben. Der FDP-Landesverband NRW wies die Anschuldigungen zurück. Stamp habe lediglich eine „überhaupt nicht zu beanstandende Förderung für seine wissenschaftliche Arbeit erhalten“, hieß es.

Hinschberger, der selbst im Vorstand der Villa Lessing sitzt und Wert darauf legt, „als Privatmann und nicht als Mitglied der FDP“ Anzeige erstattet zu habe, wollte sich auf Nachfrage dazu nicht äußern. Er verwies auf das „laufende Ermittlungsverfahren“, in dessen Fortgang an diesem Wochenende „Objekte“ in Bonn und Saarbrücken von der Polizei durchsucht wurden.

Der ehrenamtliche Stiftungsvorstandsvorsitzende Rehberger wies gegenüber der taz „alle kursierenden Anschuldigungen“ zurück. In seiner zweijährigen Amtszeit jedenfalls sei bei der Villa Lessing „zu 100 Prozent alles in Ordnung“ gewesen. Und auch für die Zeit davor gebe es „keinerlei Anhaltspunkte für strafbare Handlungen“. Rehberger ist „entsetzt über den Schaden für die FDP auch bundesweit, den Hinschberger mit seiner Strafanzeige jetzt anrichtet“.

Freidemokraten im Landtag des Saarlands sprechen von einem „politischem Amoklauf“.

Die Opposition beobachtet das Gefecht amüsiert. SPD-Generalsekretär Reinhold Jost sagte der taz: „Offenbar will die Saar-FDP der Linkspartei in Sachen Chaos-Potenzial Konkurrenz machen. In der Saar-FDP herrscht ein Klima, in der jeder dem anderen misstraut – und jedem alles zutraut.“ Wenn sich eine Regierungspartei nur mit sich selbst beschäftige, blieben die Probleme der Menschen auf der Strecke, sagte Jost. Die inhaltliche Profillosigkeit und der innere Zustand der FDP seien erschütternd. KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT