Missbrauchsskandal: Bischöfin Jepsen tritt zurück

KIRCHE Was wusste sie von einem Missbrauchsfall in ihrer Landeskirche? Sie sieht ihre Glaubwürdigkeit angezweifelt

HAMBURG taz | Maria Jepsen hat gestern auf einer Pressekonferenz in Hamburg ihren Rücktritt erklärt. In den vergangenen Tagen war die evangelische Bischöfin im Zusammenhang mit Missbrauchsvorwürfen gegen einen Pastor in Ahrensburg bei Hamburg in die Kritik geraten. Nach eigenen Angaben hatte sie von den Vorfällen erst im Frühjahr 2010 erfahren. Laut Zeugenaussagen wusste sie jedoch schon 1999 davon.

Jepsen sagte gestern: „Vertrauensvolle Zusammenarbeit ist mir immer von großer Bedeutung gewesen. Ohne Ehrlichkeit und Offenheit hätte ich meinen Dienst nicht tun können und wollen. Meine Glaubwürdigkeit wird angezweifelt. Von daher sehe ich mich nicht in der Lage, die frohe Botschaft so weiterzusagen, wie ich es bei meiner Ordination und bei meiner Bischofseinführung vor Gott und der Gemeinde versprochen habe.“ In den Medien würde ihr Schlimmes unterstellt. Jepsen: „Ich erwarte, dass die Missbrauchsfälle in Ahrensburg und anderswo zügig aufgeklärt werden und die Wahrheit ans Licht kommt.“

Der Pastor soll nach einem Bericht des Spiegels Ende der 70er bis Mitte der 80er Jahre Jugendliche sexuell missbraucht haben, darunter seine drei Stiefsöhne. Er wurde 1999 versetzt, erst Jahre später ging er in den Ruhestand. Die Staatsanwaltschaft wurde damals nicht informiert. Auch kirchliche Ermittlungen hat es nicht gegeben. Erst seit März 2010 untersucht ein Kirchengericht die Missbrauchsvorwürfe gegen den ehemaligen Pastor. Der Fall wurde der Staatsanwaltschaft übergeben.

Jepsen wurde im April 1992 zur Bischöfin von Hamburg und damit zur ersten evangelisch-lutherischen Bischöfin der Welt gewählt, 2002 trat die 65-Jährige eine weitere zehnjährige Amtszeit als Bischöfin an. Sie sieht sich als feministische Theologin.

Es ist der dritte BischöfInnenrücktritt innerhalb weniger Monate. Am 8. Mai hatte der Papst den Rücktritt des Augsburger Bischofs Walter Mixa angenommen. Margot Käßmann, Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche und Bischöfin von Hannover, trat am 24. Februar zurück. Sie war von der Polizei angetrunken am Steuer erwischt worden.

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