LESERINNENBRIEFE
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Gegen die eigenen Interessen

■ betr.: „Es geht um die Kinder“, taz vom 16. 7. 10

Die Schulreformgegner arbeiten gegen ihre eigenen Interessen und hemmen nachhaltige Leistungsentwicklung. Sie haben unter anderem Angst, dass bessere Kinder die „schwächeren mitziehen“ müssen.

Der Unterricht in erfolgreichen Schulen für alle läuft aber so, dass die Stärkeren ebenfalls stärker gefördert werden und sogar vom Zusammenlernen mit Schwächeren profitieren. Das ist nicht zu verstehen, wenn man nur den herkömmlichen Unterricht kennt. Dieser besteht zudem hauptsächlich aus einem Hineinstopfen von Wissen, ohne Anwendung in eigenständigem Handeln, wenig Interesse am behandelten Stoff weckend, der schnell wieder vergessen wird – auch weil Hauptzweck der Veranstaltung das Erreichen einer gute Note ist. Ein überwiegend sinnfreies Rattenrennen also. Ich erfahre das leidvoll an meiner Tochter, einer sogenannten guten Schülerin an einem Hamburger Gymnasium.

Allerdings muss die Kommune für solche Schulen auch entsprechende (Personal-)Mittel bereitstellen, die internationalen Standards entsprechen – das ist es, wofür wir Eltern streiten sollten! MARK REDLER, Hamburg

Islam = radikal

■ betr.: „Deutsche Spenden an die Hamas“, taz vom 13. 7. 10

Mir fällt auf, dass in den Medien (nun leider auch in der taz), die Wörter „radikal“ und „islamisch“ immer gemeinsam verwendet werden, wenn man auf die radikalen Gruppen (wie die Hamas) verweisen will. Wenn man immer wieder „radikal“ und „islamisch“ im Zusammenhang liest, wird man früher oder später „Islam“ mit „radikal“ gleichsetzen!

RAINER GERDES, Dortmund

Zentrale Frage

■ betr.: „Die Frage nach der Schuld“, taz vom 13. 7. 10

„Die zentrale Frage lautet: Wer schlug zuerst?“

Hallo, geht’s noch, habt ihr sie noch alle?

Die zentrale Frage lautet doch wohl: Warum war Dominik Brunner der Einzige, der den Kindern half? Warum haben so viele Passagiere in der S-Bahn (wieder mal) nur zugesehen – wenn überhaupt, eher: weggesehen?

LUISE TEUBNER, Friesenheim

Eine asoziale Einstellung

■ betr.: „Es geht um die Kinder“, taz vom 16. 7. 10

Besonders interessant ist das Zitat von Juristin Nicola Byok als Vertreterin der Reformgegner: „Was mich stört, ist, dass die Schüler, die etwas besser sind, dafür ‚verhaftet‘ werden, dass sie die Schwächeren mitziehen.“ Dieser Satz ist auf viele Bereiche von Reformunwilligen anwendbar.

Der Begriff Schüler ist austauschbar. Man verwende stattdessen beispielsweise den Begriff Steuerzahler oder Arbeitnehmer.

Dahinter wird eine weiterverbreitete Grundeinstellung derer sichtbar, die nicht oder nicht mehr bereit sind, von ihrer offensichtlichen Habenseite etwas zu teilen.

Gemeinhin kann man diese Einstellung auch als asozial bezeichnen. KLAUS ROHLES, Konz

Wo kommen die Jobs her?

■ betr.: „Leider ein ziemlich dürres Konzept“, taz vom 15. 7. 10

Wo all diese Jobs herkommen sollen, in die die Arbeitslosen in der „Aktivierungsphase“ vermittelt werden sollen, ist wohl das Geheimnis der Frau von der Leyen. Interessant zu erfahren wäre, auf welchem Wege Arbeitslose dazu gebracht werden sollen, „sich vom Hartz-Bezug abzumelden, um die Kosten nicht explodieren zu lassen“.

Letztendlich wird wohl auch überlegt, durch die Bürgerarbeit die angedachten verbliebenen 36.000 Personen bei Unwilligkeit durch Sanktionen aus dem ALG-II-Bezug zu drängen. Alles, um die Statistiken zu schönen und die Bürgerschaft zu beruhigen? Das Problem der Arbeitslosigkeit ist damit bei weiterer Automatisierung der Arbeit sicher nicht zu beheben.

HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel

Viel mehr als ein Experiment

■ betr.: „Rot-Grün ist wieder da“, taz vom 16. 7. 10

„Ich habe noch Hoffnung.“ (Zitat Hannelore Kraft)

Viel mehr als ein Experiment für Rot-Grün im Bund! So scheinen Hannelore Kraft und Sylvia Löhrmann vor allen Dingen eines bewirken zu können: die Rückkehr zu mehr Demokratie, den Abbau der Parteiverdrossenheit und die Abkehr vom Diktat der Parteien. Die Suche nach wechselnden Mehrheiten, der Versuch der Einbindung aller Parlamentarier in die Verantwortung für das Land können da einiges bewirken. Die Grenzen zwischen den Parteien sind nicht so starr, wie es die Hardliner behaupten. Hoffentlich schaffen die beiden Frauen es, dass solche Aussagen wie: „Im Koalitionsvertrag ist für uns nichts zustimmungsfähig“, Zitat Karl-Josef Laumann, CDU, nachhaltig überdacht und aufgeweicht werden! NORBERT VOSS, Berlin