Ich auch!

Per l`Italia: In puncto Liebe verdanken wir den Italienern eine Menge

Nach dem Abpfiff war erst einmal an nichts mehr zu denken. Ernüchtert zerbröselte Deutschlands zwölfter Mann in seine Einzelteile und trollte sich. In meiner Straße saß ein schwarz-rot-goldenes Häufchen Elend auf dem Asphalt und ließ seine Flagge eine letzte Ehrenrunde drehen. Zu Hause habe ich erst mal die Linguine ganz hinten in den Schrank geräumt und mir eine Kartoffelsuppe warm gemacht.

Doch Liebe sucht sich ihren Weg. Wie Wasser. Und eine über Wochen aufgebaute Fußballeuphorie lässt sich nicht einfach so wieder abstellen. Die Leidenschaft verlangt nach einem Höhepunkt – sonst zerreißt es einen. Was läge da näher, als die Begierde auf den neuen Weltmeister umzuleiten?

Natürlich war die deutschen Mannschaft ganz objektiv das bessere Team. Zumindest, was ihr Männlichkeitsbild angeht. Die Italiener sind, ehrlich gesagt, nicht so gut zu ertragen. Dieses Schnöselgetue und dazu die Weinerlichkeit! Steht nicht im italienischen Grundgesetz, dass ein Fußballer nur ein Fotomodell heiraten darf? Und hat nicht Francesco Totti letztens erst noch vor der laufenden Version der italienischen versteckten Kamera fast eine ihm unbekannte Kellnerin auf einem Tisch genommen? Fragwürdige Geschlechterverhältnisse herrschen im italienischen Team. Aber deswegen muss man ja nicht gleich in „Allez-les-vieux“-Schlachtrufe verfallen.

Blau ist ganz und gar nicht gleich blau. Lügen wir uns nicht in die Tasche: Die Italiener sind den Franzosen haushoch überlegen. Was vermag die einschläfernde Madame Bovary gegen die hundert Sex- und Crimegeschichten von Boccaccio? Wer will sich schon mit Minimal-Cuisine nebst Zitronenmellise zufrieden geben, wenn er einen Berg leckerster Pasta haben kann?

Lassen wir die Nation nicht unter ihrer Mannschaft leiden. Schließlich verdanken wir Italien in puncto Liebe einiges: Die Italiener hatten als Erste die Idee mit der abendländischen Kultur, die der Rest Europas dann sofort begeistert kopiert hat. Dante hat uns beigebracht, dass man seine Geliebte nicht auf Latein anbeten soll, sondern in einer Sprache, die sie auch versteht (sonst verfehlt die Werbung ja ihren Zweck). Casanova hat die Effektivität von Austern und Schokolade vorgelebt. Auch die Idee, aus vielen kleinen Ländern ein großes zu machen, hatten die Italiener vor uns. Unser föderalistischer Patriotismus passt da viel besser rein als der französischen Zentralismus. Also üben sie schon mal: Undici Leoni – I Campioni siamo noi! JUL