Festnahmen in Italien

Im Fall der Verschleppung eines Imam ermitteln die Behörden jetzt auch gegen Geheimdienstmitglieder

ROM/BERLIN ap/afp/taz ■ Im Zuge der Ermittlungen zur mutmaßlichen Entführung des islamischen Geistlichen Abu Omar durch den US-Geheimdienst CIA sind zwei italienische Geheimdienstmitarbeiter festgenommen worden. Marco Mancini, der Abteilungsleiter und „Nummer zwei“ innerhalb des militärischen Geheimdienstes (Sismi), und der General Gustavo Pignero stehen unter Verdacht, den USA bei der Entführung des Ägypters Hassan Mustafa Osama Nasr, auch als Abu Omar bekannt, in Mailand vor drei Jahren geholfen zu haben. Dies verlautete gestern aus Gerichtskreisen.

Ein italienisches Gericht hatte wegen des Falls bereits Haftbefehle gegen 22 US-Agenten erlassen. Sollten sich die Verdachtsmomente erhärten, könnte dies eine Kooperation europäischer Staaten mit den USA bei den äußerst umstrittenen Gefangenenflügen der CIA belegen. Chefermittler Armando Spataro lehnte eine Stellungnahme vorerst ab. Im Rahmen der Ermittlungen wurden auch die Mailänder Redaktionsräume der liberal-konservativen Tageszeitung Libero durchsucht, der Computer des stellvertretenden Chefredakteurs wurde beschlagnahmt. Außerdem erklärte die Mailänder Staatsanwaltschaft, sie habe die Verhaftung von vier weiteren Amerikanern beantragt, darunter drei CIA-Agenten.

Nach Angaben des entführten Nasr wurde er 2003 von Italien nach Ägypten geflogen, wo ihn die Behörden folterten. Italienische Ermittler waren Abu Omar bis zu seiner Verschleppung auf den Fersen gewesen und hörten seine Gespräche ab. Er soll Verbindungen zur Extremistenorganisation al-Qaida haben und Kämpfer für den Aufstand im Irak rekrutiert haben. Die italienischen Behörden werfen den USA vor, mit der Entführung von Abu Omar nicht nur gegen geltendes Recht verstoßen, sondern auch wertvolle Aufklärungsarbeit zerstört zu haben.

Unklar ist bislang die Rolle der italienischen Regierung in der Affäre. Die italienische Regierung hat jegliche Beteiligung an der Verschleppung des Imam zurückgewiesen. Der frühere Ministerpräsident Silvio Berlusconi erklärte wiederholt, weder Regierungsstellen noch der Geheimdienst seien über die Operation informiert gewesen. „Ussama Bin Laden und der ganze Dschihad wird sich heute für diese Festnahme bei der Staatsanwaltschaft bedanken“, kommentierte Francesco Cossiga, der ehemalige Präsident, der guten Verbindungen zu den italienischen Geheimdiensten hat, die Festnahme Mancinis ironisch. Die Ermittler werten den Fall als Teil eines umstrittenen CIA-Programms im Anti-Terror-Kampf. Darunter fällt auch die Entführung des Deutsch-Libanesen Khaled El Masri, der Ende 2003 von der CIA in Mazedonien verschleppt und nach Afghanistan gebracht worden sein soll.

Abu Omar hat als Asylbewerber eineinhalb Jahre in Deutschland gelebt. Deutschland soll auch die wichtigste Basis für das Programm der CIA sein. FP