Deutsche Spenden an die Hamas

VEREINSVERBOT Innenminister verbietet Verein IHH, der die radikalislamische Hamas mit 6,6 Millionen Euro unterstützt haben soll. Dahinter sollen Funktionäre der Milli Görüs stecken

Die deutsche IHH hat dieselben Wurzeln wie die Organisatoren der Gaza-Flotte Ende Mai

VON SABINE AM ORDE
UND WOLF SCHMIDT

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat die Internationale Humanitäre Hilfsorganisation (IHH) wegen Unterstützung der radikalislamischen Hamas verboten. Laut Sicherheitskreisen soll der Verein mit Sitz in Frankfurt von führenden Funktionären der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs gesteuert worden sein. Die IHH habe „unter dem Deckmantel der humanitären Hilfe“ Zuwendungen an Sozialvereine der Hamas in Millionenhöhe geleistet, so de Maizière. Organisationen, die sich gegen das Existenzrecht Israels richteten, hätten ihr Recht auf Vereinigungsfreiheit verwirkt. Dabei sei es unerheblich, dass das Geld an Hamas-Sozialvereine gegangen sei, da diese „die Terrororganisation als Ganzes“ unterstützten.

Milli Görüs ist mit 300 Moscheen die größte islamistische Organisation in Deutschland, nach eigenen Angaben hat sie 57.000 Mitglieder. Sie wird vom Verfassungsschutz beobachtet, gilt aber als gewaltfrei und „legalistisch“. Zwischen der IHH und Milli Görüs gibt es enge personelle Verflechtungen. Wie die taz aus Sicherheitskreisen erfuhr, soll das entscheidende Leitungsgremium der IHH, das Kuratorium, ausschließlich aus aktuellen und früheren Milli-Görüs-Funktionären bestehen. Mit dabei: Generalsekretär Oguz Ücüncü und der frühere Generalsekretär und heutige Vorsitzende des Islamrats, Ali Kizilkaya. Letzteren hatte de Maizière jüngst von der Islamkonferenz der Regierung ausgeschlossen, weil die Staatsanwaltschaft unter anderem gegen Milli-Görüs-Generalsekretär Ücüncü wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt.

Ücüncü nannte das Verbot auf Nachfrage „politisch falsch, rechtsstaatlich bedenklich und moralisch verwerflich“ und kündigte an, zu klagen. Die IHH habe keine Terroristen unterstützt, sondern „humanitäre Hilfe“ geleistet, sagte er der taz.

Laut Sicherheitskreisen soll die IHH insgesamt 6,6 Millionen Euro über sechs Organisationen an die Hamas transferiert haben, zwei davon sollen direkt zur Hamas gehören, die vier anderen diese unterstützen. Der Verfassungsschutz geht davon aus, dass das Geld in den Milli-Görüs-Moscheen im ganzen Land gesammelt worden ist. Über 3 Millionen Euro sollen aus einer „Opfertierkampagne“ von Milli Görüs direkt der IHH zur Verfügung gestellt worden sein.

Der nun verbotene Verein trägt dieselbe Abkürzung wie die türkische IHH, die die umstrittene Gaza-Schiffsflotte organisiert hatte. Bei deren Erstürmung Ende Mai durch israelische Streitkräfte waren neun Aktivisten getötet und sieben israelische Soldaten verletzt worden. In einer Bundestagsresolution war von „Hinweisen“ die Rede, dass „manche der Organisatoren der Flotte“ über Verbindungen zur Hamas verfügten.

Die deutsche IHH hatte allerdings gleich nach der Aktion betont, die Gaza-Flotte nicht mitorganisiert zu haben. Die beiden Organisationen sind nicht direkt miteinander verbunden. Laut Sicherheitskreisen haben sie jedoch gemeinsame Wurzeln. Die IHH wurde 1992 in Freiburg gegründet, spaltete sich fünf Jahre später aber in eine deutsche und eine türkische Organisation.