Immerhin noch den Blumentopf gewonnen

KLEINES FINALE Nach dem 3:2-Erfolg gegen Uruguay fährt eine müde deutsche Nationalmannschaft mit der Bronze-Medaille nach Hause. Dort wird sich Joachim Löw in aller Ruhe überlegen, ob und zu welchen Bedingungen er auch weiterhin Bundestrainer bleiben will

VON THOMAS WINKLER

Es war ein Fußballspiel. Ein ziemlich unterhaltsames sogar. Zugleich war es eine Absurdität: einerseits Nach-, andererseits Vorspiel. Dass die deutsche Nationalmannschaft nicht gerade motiviert in das Spiel um den dritten Platz ging, sah man ihr an, obwohl sie einen 3:2-Sieg gegen Uruguay einfuhr. Dass das aber niemanden so recht interessierte, merkte man schnell nach dem Abpfiff, als kaum über das Spiel geredet wurde, aber umso mehr über Joachim Löws Zukunft und die seines Trainerstabes.

Vorher allerdings mussten noch einmal neunzig Minuten durchgestanden werden. Trotz der frühen Führung durch Thomas Müller (19. Minute), der abstaubte, als Uruguays Torhüter Fernando Muslera einen Schuss von Bastian Schweinsteiger abprallen ließ, kam keine Sicherheit ins deutsche Spiel. Die Laufbereitschaft ließ zu wünschen übrig, im Mittelfeld taten sich folglich riesige Löcher auf, und selbst der bis dato überragende Schweinsteiger erlaubte sich ungewohnte Unsicherheiten.

Eine davon führte zu einem Konter und zum Ausgleich durch Edinson Cavani (28.). Die generelle deutsche Desorganisation nutzte Diego Forlán gar zur 2:1-Führung (51.). Nun aber wachten die Deutschen auf: Marcell Jansen profitierte von einem weiteren Klops von Muslera und Sami Khedira beendete die uruguayische Verwirrung nach einem Eckball mit dem 3:2 (82.).

Das Spiel war wieder einmal der Beweis, dass der Unterhaltungswert von Fußball in direkter Korrelation steht zur Fehlerfrequenz. Ungenaue Pässe und Lauffaulheit sorgten für ein Spektakel, das vor allem entstand, weil beide Mannschaften müde das Ende des Turniers herbeisehnten. Die Deutschen verzichteten großzügig auf jene Zwischensprints, die ihr schnelles Kombinationsspiel erst möglich machen. Die Uruguayer flüchteten sich in eine erstaunlich giftige Gangart, die einem Spiel, in dem es nur mehr um einen Blumentopf ging, kaum angemessen schien.

Darüber mochte sich anschließend aber niemand aus dem DFB-Team beschweren. Das lag zum einen daran, dass man froh war über das „positive Ende“, so Kapitän Philipp Lahm, der wegen einer Grippe nur auf der Bank saß. Ihm und seinen Kollegen war die Erleichterung anzusehen, dass man ihn nicht versaut hatte, „den Gesamteindruck von diesem Turnier“, wie es Thomas Müller formulierte.

Die Bronze-Medaillen waren kaum verteilt, interessierte eh nur noch eins: die Zukunft von Joachim Löw. Der aber hielt sich weiter bedeckt. DFB-Präsident Theo Zwanziger herzte zwar seinen Trainer bei der Siegerehrung demonstrativ, was jener mit einem eher säuerlichen Gesichtsausdruck quittierte, und ließ dann wissen, er werde „alles tun, dass Jogi Löw bei uns bleibt“.

Der Umworbene selbst aber hielt sich weiter bedeckt, auch bei der gestrigen Abschluss-Pressekonferenz des DFB im deutschen Quartier in Erasmia. Er wolle sich nun „zwei, drei Tage Ruhe“ gönnen, sich „ein paar Gedanken machen, Visionen schaffen“, sagte er mit noch grippebelegter Stimme. Der Tenor war derselbe wie seit Tagen: Es hätten keine Gespräche stattgefunden, nicht mit Zwanziger und nicht mit seinem Vertrauten, dem beim DFB umstrittenen Teammanager Oliver Bierhoff. Erst dann werde Löw mit den DFB-Verantwortlichen verhandeln und sich entscheiden.

Eine Motivationshilfe kam noch von allerhöchster Stelle: Der bei der Pressekonferenz ebenfalls anwesende Christian Wulff verkündete, dass der Bundestrainer mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet werde, dessen Verleihung der frisch gewählte Bundespräsident „selbst dann im Schloss Bellevue vornehmen“ will. Auf der Pressekonferenz allerdings wirkte Wulff, wie er da auf dem Podium zwischen Löw und Zwanziger saß, eher wie ein Sicherheitspuffer zwischen dem DFB-Präsidenten und dem Bundestrainer.