Opfermythos Öko-Prediger

Prokon braucht Geld, doch die Anleger ziehen es momentan aus dem Unternehmen ab

Ein Windkraftpionier mit langen Haaren, der von Tschernobyl so schockiert ist, dass er sich für erneuerbare Energien engagiert: Dieses Bild zeichnet der von der Insolvenz bedrohte Ökoenergie-Konzern Prokon von seinem Unternehmensgründer Carsten Rodbertus. Doch für jemanden, der vor allem auf das Vertrauen der Anleger pocht, gibt Rodbertus wenig über seine Person preis.

Keine Vita, keine näheren Infos zum Firmengründer auf der Unternehmenshomepage, die Prokon-Pressestelle geschlossen: Rodbertus will sich kritischen Fragen nicht stellen. Er wittert eine Hetzkampagne der Medien und sieht eine Verschwörung. Die Firma steckt in der Klemme: Prokon braucht Geld, doch die Anleger ziehen es momentan aus dem Unternehmen ab – angeblich wegen der medialen Panikmache, glaubt Rodbertus.

Der 52-Jährige gründete Prokon 1995 und machte seine Firma schnell bekannt: Der Geschäftsmann schaltete Werbung im Fernsehen, sorgte für Wurfsendungen in deutschen Briefkästen und ging auf Vortragsreisen. Medienberichten zufolge wirkt der Prokon-Chef auf diesen Infoveranstaltungen wie ein Wanderprediger, seine Vorträge wie eine Messe, die die Gläubigen in den Bann zieht. Manche Anleger setzen sich trotz negativer Presse für ihn ein, behauptet der Konzern: Auf der Homepage steht ein Link zu der Anlegergruppe „Freunde von Prokon“, Die Firma zitiert positive Rückmeldungen in einem Infobrief. Dabei warnt etwa die Stiftung Warentest vor einem Investment in das Unternehmen.

Von „gezielter Manipulation“ durch die Medien schreibt der Konzern, einer der zitierten Anleger äußert sich begeistert über Rodbertus’ nicht kapitalismuskonforme „Vision“. Als „sektenähnlich“ bezeichneten Insider den Konzern und seinen Chef laut Handelsblatt.

Rodbertus predigt dabei immer wieder Transparenz: Der Öko-Unternehmer soll in den Vorträgen sogar sein Gehalt offenlegen, berichten Reporter von Capital. Rund 130.000 Euro verdient Rodbertus demnach pro Jahr.

Der Presse gegenüber bleibt sein Gebaren aber undurchsichtig. Mit Stellungnahmen und bösen offenen Briefen an Reporter versucht der Konzern, Kontrolle über das Bild zu bekommen, das die Medien über den Prokon-Chef vermitteln. „Ihr macht doch alle einen Scheißjob“, soll er zum Handelsblatt gesagt haben.

EVA OER

Wirtschaft + Umwelt SEITE 9