Ausgeladen von Freunden

Die Deutsche Botschaft in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku hat zwei Männern völlig grundlos die Visa zur Fußball-WM verweigert. Kein Einzelfall, wie andere Bespiele zeigen

Von Dominik Schottner

Den Pass von Vusal Rajabli zieren Visa und Stempel aus Europa, den USA, Asien. Reisen gehört für den 31 Jahre alten Präsident der aserbaidschanischen Nichtregierungsorganisation (NGO) „Hayat“, „ zu meinem Leben“, sagt Rajabli im Gespräch mit der taz. Und weil Rajabli auch Fußballfan ist, wollte er mit einem Freund, dem 28-jährigen Rafag Suleymanov, einem Beamten des aserbaidschanischen Innenministeriums, zur WM nach Deutschland fahren. Tickets für zwei Spiele hatten sie im Internet gekauft, Flüge auch, sogar eine Wohnung in Berlin hatten sie für zehn Tage gemietet. 2.000 Dollar hatte jeder für die Reise bislang bezahlt. Die einzige Hürde: ein Visum, ausgestellt von der Deutschen Botschaft in Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans. Auf diese Visa warten Rajabli und Suleymanov noch heute. Die Konsularabteilung der Botschaft hatte den beiden ohne nachvollziehbaren Grund das Visum verweigert. Die Tickets für die Spiele sind inzwischen verfallen.

„Ich bin sehr enttäuscht“, sagte Rajabli der taz, „auch weil ich noch nie Probleme mit der Erteilung von Visa hatte.“ Sein Beruf zwingt Rajabli zum Reisen, auch in Deutschland war er schon, „aber nie mit einem deutschen Visum“. Griechenland und Italien hatten Rajabli damals ein Schengen-Visum ausgestellt, mit dem er auch nach Deutschland einreisen konnte. Vom Schengen-Abkommen, das grenzenlosen Verkehr zwischen den Vertragsstaaten ermöglicht, hat sich Deutschland für die Dauer der Fußball-WM abgekoppelt. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte Ende März angekündigt, an den Grenzen zu den benachbarten Schengen-Staaten vorübergehend wieder Einreisekontrollen durchzuführen, um gewaltbereite Fans nicht in das Land zu lassen. Doch Vusal Rajabli ist politischer Aktivist und kein Hooligan; und nach dem Ende seiner Fußballreise wollte er nicht in Deutschland bleiben – Gründe für die Verweigerung von Visa. Jüngst war dies zwei Fußballteams aus Ghana und Nigeria passiert, die zur Straßenfußball-WM nach Deutschland reisen wollten. Bei den Spielern, so das Auswärtige Amt, sei „keine Verwurzelung im Heimatland feststellbar“ gewesen. Rajabli aber hat Familie und Arbeit in Aserbaidschan: „Wir wollten doch nur beim Fußball in Deutschland dabei sein.“

Den Konsularbeamten in der Botschaft in Baku von diesem Ansinnen zu überzeugen, fiel den Aserbaidschanern jedoch schwer. Zwei Tage lang drangen Rajabli und Suleymanov gar nicht bis zu seinem Schreibtisch vor, zu viele Menschen standen für ein Visum an. Am dritten Tag, dem 20. Juni, standen sie vor verschlossenen Toren. Die Konsularabteilung, so teilte ihnen ein Schild an der Tür mit, sei aus technischen Gründen bis Montag, den 26. Juni, geschlossen – für diesen Tag hatten Rajabli und Suleymanov erneut Karten. In ihrer Zeitnot gingen die beiden zur italienischen Botschaft, wo man sie sehr gut behandelt habe, sagte Rajabli. Den italienischen Beamten habe er offen gesagt, dass er nach Deutschland wolle. Wegen der Aussetzung des Schengen-Abkommens verwiesen die Italiener ihn aber höflich zurück an die deutschen Kollegen. Anderenfalls hätten sie Rajabli und seinem Freund die Einreise problemlos gewährt.

Zurück in der deutschen Konsularabteilung, die zwei Tage später plötzlich wieder geöffnet hatte, schafften die Antragsteller es nach langem Warten, dem Beamten ihre vollständigen Unterlagen zu übergeben. Auf die Frage, wo die Orginaltickets seien, musste Rajabli passen. Er hatte keine. Dass dies üblich ist, weil die Fifa Käufern aus dem Ausland nur Kaufbestätigungen per E-Mail schickt, die sie dann an den Stadien gegen Papiertickets eintauschen müssen, war dem Beamten offenbar nicht bekannt. Er schickte die beiden Männer wieder nach Hause. „Der hat sich nicht einmal drei Minuten genommen, damit wir ihm unsere Situation schildern können“, empört sich Rajabli, dessen NGO auch von der Deutschen Botschaft Baku unterstützt wird.

Der zuständige Konsularbeamte der Botschaft Baku wollte sich bislang zu dem Fall nicht äußern. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin sagte auf Anfrage der taz, man werde sich um den Fall kümmern. Rajabli und Suleymanov hilft das wenig: Zwei Freunden aus Moskau, die sie in Berlin treffen wollten, teilten sie gestern mit, dass sie nicht mehr kommen würden. „Wir haben keine Lust, uns mit den Beamten zu streiten. Wir bleiben zu Hause.“