Überall drin, überaus praktisch

BPA Einige Hersteller verzichten von sich aus auf BPA-haltige Kunststoffe. Über die Ersatzstoffe ist allerdings teilweise noch weniger bekannt. Die Chemikalie steckt auch in Konservendosen oder Zahnfüllungen

Bisphenol A sorgt dafür, dass sich Plombe oder Lack randlos dicht an den Zahn legen

BERLIN taz | Kunststoffe und Lacke auf Basis von Bisphenol A (BPA) – 2 bis 3 Millionen Tonnen werden davon weltweit jährlich hergestellt – sind in unserer Plastikwelt weit verbreitet. Sie verfügen über praktische Eigenschaften, sind farblos und durchsichtig, kratzfest, bruchsicher und geschmeidig. Brillengläser, Helmvisiere, Bierdosen und Kassenbons enthalten BPA.

Besonders umstritten ist die Chemikalie in Babyfläschchen und Nuckeln. Viele Hersteller wie der deutsche Marktführer Nuk haben einem Verbot vorgegriffen und den Stoff aus Flaschen und Schnullern verbannt. Man reagiere damit „auf die Verunsicherung der Mütter in Bezug auf BPA-haltige Kunststoffe“, sagt NUK. Auch die Drogeriekette Rossmann hält ihre Eigenmarke Babydream dem Kundenwunsch gemäß „BPA-free“.

Allerdings seien „B free“-Produkte oft aus bisher wenig untersuchten Kunststoffen, warnt Silvia Pleschka von der Frauenrechtsorganisation WECF. „Echte Alternativen zu BPA-haltigen Materialien sind Glasflaschen“, sagt Pleschka. Bei Schnullern könnten Eltern auf Produkte aus Latex oder Silikon ausweichen.

Auch Dosen für Getränke oder Lebensmittel enthalten BPA. Es steckt in der Innenbeschichtung, den Epoxidharzen. Die EU schreibt vor, dass pro Kilogramm Inhalt nicht mehr als 0,6 Milligramm der Chemikalie in den Inhalt der Dose übergehen darf. Das hält der Verband Metallverpackungen für sicher und verweist darauf, gegenüber anderen Materialien hätten Epoxidharze „erhebliche Vorteile im Hinblick auf die Verarbeitung, die Widerstandsfähigkeit bei der Blechverformung und die Resistenz gegenüber aggressiven Füllgütern“. Zwar forschten die Unternehmen nach Alternativen, doch ließen sich Lacke mit BPA nicht leicht und schnell ersetzen. Das sei auch nicht sinnvoll, sagt Natalie von Götz vom Institut für Chemie und Bioingenieurwissenschaft der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, schließlich sei über neue Stoffe oft weit weniger bekannt als über BPA. Vielmehr müssten Produktionsprozesse optimiert werden und die Temperatur beim Sterilisieren möglichst weit gesenkt werden. In Konservendosen würden große Unterschiede an Konzentrationen der Chemikalie gefunden. Das müsse untersucht werden. Gesunden Ersatz bieten nur Stahl- oder Keramikbehälter.

Keine sichere Alternative gibt es bei Zahnfüllungen. Denn BPA macht „zahnfarbene“ Kunststoff-Füllungen und -Versiegelungen geschmeidig und sorgt dafür, dass sich Plombe oder Lack randlos dicht an den Zahn legen. Sei das Material ausgetrocknet, trete kein BPA mehr aus, versichert Stefan Zimmer, Dekan der Fakultät für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Uni Witten/Herdecke. Doch der Zahnarzt müsse eine hauchdünne Schicht, die nicht aushärte, wegschleifen oder abbürsten. Wenn schon die Milchzähne eines Kindes mit Karies befallen seien, sei es auf jeden Fall sinnvoll, die bleibenden Zähne zu versiegeln. HEIKE HOLDINGHAUSEN