Gysi kritisiert Programm für Europawahl

LINKSPARTEI Fraktionschef findet das Papier zu „national gedacht“

BERLIN taz | Gregor Gysi will da nicht mitziehen. Das Europawahlprogramm der Linkspartei, das auf einem Parteitag am 15. und 16. Februar beschlossen werden soll, empfindet der Linken-Fraktionschef im Bundestag unter anderem als zu „national“. Und hofft, „dass da noch etwas geändert wird“.

Im Leitantrag zum Programm, das der taz vorliegt, heißt es: „Wir setzen uns für einen Austritt Deutschlands und anderer EU-Staaten aus den militärischen Strukturen der Nato ein.“ Gysi sagte dazu zur Nachrichtenagentur dpa: „Das ist mir zu national gedacht. Das hieße ja, die Nato bleibt, wie sie ist, nur Deutschland nimmt nicht mehr daran teil.“ Er spricht sich stattdessen dafür aus, die Nato aufzulösen, und fordert ein neues System für Sicherheit und Zusammenarbeit. Ein solches bezeichnete Paul Schäfer, verteidigungspolitischer Sprecher der Fraktion, in der Vergangenheit als „transeuroasiatisches kooperatives Sicherheitssystem“. Gysi distanzierte sich auch von einem der ersten Sätze im Europa-Papier, das die EU als „neoliberale, militaristische und weithin undemokratische Macht“ beschreibt, „die nach 2008 eine der größten Krisen der letzten 100 Jahre mit verursachte“.

Es ist nicht das erste Mal, dass Gysi und seine Partei in Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik aneinandergeraten. So fordert der Realo-Flügel, zu dem Gysi zählt, schon länger, Auslandseinsätze der Bundeswehr zu befürworten. Ein rigoroses „Einmischungsverbot“ hält der Oppositionsführer für „moralisch fragwürdig“. Man könne sich nicht darauf verlassen, dass es die „anderen richten sollen“.

Weil die Linkspartei sich bislang Auslandseinsätzen strikt verweigert, gilt sie nicht als koalitionsfähig. Mittlerweile wird für die nächste Bundestagswahl im Jahr 2017 ernsthaft über eine rot-rot-grüne Option debattiert. SPD und Grüne befürworten unter gewissen Bedingungen militärische Einsätze. Die Realos in der Linkspartei halten solche heute für möglich – wenn sich die Bundeswehr an Völkerrecht und Grundgesetz halte.

SIMONE SCHMOLLACK