Die Totenglocke läutet

PROJEKT THEATERKAPELLE

Auf dem Hof brennt ein Feuer. Die Trauergemeinde hat sich darum versammelt

Die Theaterkapelle an der Boxhagener Straße in Friedrichshain ist Geschichte. 10.000 Euro wurden ihr zum Verhängnis. Genau diese hätte der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg bis zum 1. Januar aufbringen müssen, damit der Senat noch einmal das Doppelte an Förderung drauflegt. Doch das ist nicht passiert. Und so fehlt dem Trägerverein das Geld, um weiterzumachen.

Deshalb lud die Theaterkapelle unter der künstlerischen Leitung von Christina Emig-Könning am Montag zu ihrer letzten Aufführung. Auf dem Hof brennt ein kleines Feuer auf einem Grillgestell. Die Trauergemeinde – pardon: Zuschauer_innen und Schauspieler_innen – hat sich darum versammelt. An dem Ort – einer Kapelle, in der auch heute noch gelegentlich Trauerfeiern stattfinden – nehmen sie Abschied von einem Theaterprojekt, das erst 2006 ins Leben gerufen worden war.

Die erste Aufführung des Abends findet im großen Saal der Kapelle statt. Dicht drängt sich das Publikum auf den wenigen Sitzreihen und vor der quadratischen Bühne in der Mitte des Raumes. Auf dem Programm steht passenderweise das Stück „Der Mann im Fahrstuhl“ des Dramatikers Heiner Müller. Die musikalischen Einsätze begleitet ein Hund mit Gebell, bis sich die Halterin zum Gehen entscheidet.

Das Publikum mitzunehmen wird an diesem Abend ernst genommen. Für das zweite Stück geht es hinunter in den Keller, in dem auch eine Bar eingerichtet wurde. Auf einfacher Bestuhlung unter grau verspachtelter Decke und im Licht von Neonröhren und Kellerleuchten folgt unter der Regie von Emig-Könning der sexuell-deftige Dialog „Quartett“, ebenfalls von Heiner Müller, dem dieser Abend gewidmet ist.

Der Abend beweist, wozu Leidenschaft und Engagement auch ohne große finanzielle Mittel in der Lage sind. Und es ist eine Schande, dass die Theaterkapelle in Zukunft nicht mehr „mitrocken“ kann, wie es Christina Emig-Könning gerne tun würde.

So richtig aufgeben mag sie aber auch jetzt noch nicht. Immerhin habe die Kirche einen Fünfjahresvertrag für die Kapelle in Aussicht gestellt. Vielleicht findet sich ja ein privater Sponsor. KIM TRAU