LESERINNENBRIEFE
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Berufssoldaten denken auch nach

■ betr.: „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch“, taz vom 21. 6. 10

Lieber Herr Küppersbusch, obwohl ich Ihre Kommentare immer gern lese, hier mal eine kritische Antwort. Wenn Sie die Wehrpflicht verteidigen, weil sie angeblich Kriege verhindert, wissen Sie nicht, dass beide Weltkriege mit Wehrpflichtarmeen angefangen und geführt wurden? Und wissen Sie nicht, dass der von Ihnen befürchtete Zustand „Berufsarmee mit ein paar verfassungsrechtlich bedingten Spaßhanseln nebenher“ längst Wirklichkeit ist?

Die Bundeswehr mit rund 250.000 Soldatinnen und Soldaten hat ab 1. Juli gerade mal 25.000 Wehrpflichtige (ein Zehntel!) für 6 Monate in ihren Reihen. Alle anderen sind Berufssoldaten, Zeitsoldaten oder freiwillig länger Dienende. Nur diese Freiwilligen werden in die Auslandseinsätze geschickt. Die Wehrpflicht ist nur noch Tarnung der Profiarmee.

Dass Herr zu Guttenberg bei den Sparmaßnahmen die Wehrpflicht ins Auge fasst, ist übrigens mehr als berechtigt. Für das lächerliche Wehrpflichtzehntel der Armee wird der riesige bürokratische Wehrpflichtapparat aufrechterhalten mit Erfassung, Musterung, Entscheidungen über Frei- und Zurückstellungen, Einberufungen, dazu der Repressionsapparat von Feldjägern, Polizei und Truppendienstgerichten zur Durchsetzung des Zwangsdienstes.

Außerdem hängt der restliche Zivildienst daran, auch mit großer Bürokratie. Dass er notwendig ist, kann niemand mehr behaupten, da er sang- und klanglos von 150.000 Zivildienstleistende auf etwa 65.000 verringert werden konnte.

Und noch ein Hinweis: Bei dem Angriffskrieg gegen Jugoslawien zugunsten der separatistischen Kosovaren haben Berufssoldaten (Piloten) den Dienst verweigert. Die denken nämlich auch über ihr Tun nach. Und bei der heimlichen Unterstützung des Angriffskrieges gegen den Irak hat auch ein Berufssoldat die Mitarbeit an einem IT-Programm, das eventuell dem Krieg dienen sollte, verweigert.

Als er deswegen diszipliniert werden sollte, hat er sich gewehrt und letztlich Recht bekommen.

Nach meinem Eindruck sind derzeit viele Soldaten gegenüber den Auslandseinsätzen kritischer als die MilitärpolitikerInnen.

ULRICH FINCKH, Bremen

Homohass

■ betr.: „Als Frau Butler ablehnte“,taz vom 25. 6. 10

Liebe taz-Redaktion, vielleicht hätte man in dem Artikel über die Kontroverse um Judith Butlers Ablehnung des Zivilcouragepreises des Berliner CSD besser zum Ausdruck bringen sollen, dass das umstrittene Thema angeblich muslimischer Gewalt und Homophobie kein ethnisches, sondern ein soziales Problem ist, das nicht nur Immigranten, sondern auch Deutsche betrifft, die ein starkes Gefühl der Benachteiligung entwickelt haben und deshalb Minderheiten gegenüber feindselig eingestellt sind.

Das ist ein Manko auch in der Einstellung des LSVD und von Maneo, die zwar den Ausländerstatus von Angreifern ansprechen, aber nicht ihre soziale Situation. BERND GAISER, Berlin

Araberhass

■ betr.: „Feiger Hass“, taz vom 19. 6. 10

Es gibt also in der deutschen Öffentlichkeit eine besondere „Sorte“ von Menschen, die von einem dunklen, nicht offen eingestandenen Motiv gelenkt werden: Judenhass. Ja, die gibt es, und man muss dieser „Sorte“ entgegentreten. Es gibt in der israelischen Öffentlichkeit Menschen, die von dem Motiv des Araberhasses gelenkt werden. Sie träumen vom „Transfer“, der Vertreibung der israelischen Araber, schmieren „Tod den Arabern“ an Häuserwände und halten „die Araber“ für minderwertig. Das ist bekannt, es hilft aber niemandem weiter, wechselseitig auf die Faschisten und Rassisten der anderen Seite zu zeigen, um damit jegliche Kritik an der israelischen Politik vom Tisch zu wischen.

MANUELA KUNKEL, Stuttgart

Rundumservice bei Geburt kostet Geld

■ betr.: „Aufschrei der Hebammen“, taz vom 25. 6. 10

Es ist populär zurzeit, den Staat um Geld für die eigenen Probleme zu bitten. Firmen fordern Bürgschaften und Kredite, Autofahrer bekommen Prämien, und Banken werden mit Steuergeldern am Leben gehalten. Warum soll man es dann nicht auch mal versuchen, werden sich die Hebammen gedacht haben.

Aber der Staat ist hier die falsche Adresse. Für die hohen Versicherungsprämien sind die Eltern verantwortlich, die besonders bei Geburtsproblemen hohe Schadensansprüche einklagen. Die Eltern sollten dann auch hierfür entsprechend bezahlen. Wer eine persönliche Betreuung und den Rundumservice für seine Geburt möchte, muss das eben bezahlen.

Auch kommt die Lobbyarbeit der Hebammen zu spät. Das Problem ist seit Jahren bekannt, aber erst jetzt, wo es gar nicht mehr geht, versuchen sie mit allen Mitteln, das Problem auf die Politik abzuwälzen, die nun wirklich nichts dafür kann. Aus der vermeintlich besseren Betreuung können die freien Hebammen keinen Vorteil für ihre Einnahmen und Umsätze erzielen. Was hier fehlt, ist ein gutes Konzept aus Lobbyarbeit bei den Krankenkassen und Marketing, um die Einnahmen zu verbessern.

STEPHAN KLÖCKNER, Hamburg